# taz.de -- Streit um Mindestlohn: Koalition weiter uneinig | |
> Auf ihrem Parteitag befürwortet die rheinland-pfälzische CDU einen | |
> Mindestlohn - ohne gesetzliche Regelung. In Berlin muss sich die | |
> Kanzlerin Belehrungen gefallen lassen. | |
Bild: "Unser Vorschlag wird auch von Heiner Geißler und Friedrich Merz unterst… | |
MAINZ taz | Die von der Union im Bund geführte Mindestlohndebatte wurde an | |
diesem Wochenende in Rheinland-Pfalz fortgesetzt. Auf dem Parteitag der | |
rheinland-pfälzischen CDU in Bingen votierten die gut fünfhundert | |
Delegierten dafür, dass Mindestlöhne künftig ausschließlich in Branchen | |
gelten sollen, in denen es noch keine Tarifverträge gibt. | |
Demnächst einzuberufende Expertengremien sollen sich dabei an dem Niveau | |
der bereits existierenden Lohnuntergrenzen bei der Zeitarbeit von 7,01 Euro | |
in Ostdeutschland und 7,89 Euro in Westdeutschland orientieren. Zudem | |
sollen für jede Branche die Vertragsbedingungen extra ausgehandelt werden. | |
Julia Klöckner selbst hatte sich während der lebhaften Antragsdebatte auf | |
dem Landesparteitag gegen die Einführung branchenübergreifender | |
Mindestlöhne ausgesprochen - bislang war dies noch das Credo von | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie der Hauptstreitpunkt in der | |
Debatte bei CDU, CSU und FDP. | |
"Unser Vorschlag wird auch von Heiner Geißler und Friedrich Merz | |
unterstützt", berief sich Julia Klöckner auf die beiden Vertreter des | |
linken und des neoliberalen CDU-Flügels. Die seit gut einem Jahr amtierende | |
Landesvorsitzende empfahl den "Binger Kompromiss" als Tischvorlage für den | |
Bundesparteitag Ende kommender Woche in Leipzig. | |
## Scharfe Angriffe | |
Politiker von CSU und FDP echauffierten sich dennoch auch an diesem | |
Wochenende über die Mindestlohndebatte in der Union und griffen die | |
Kanzlerin scharf an. Wenn Angela Merkel das alles wolle - Mindestlohn, | |
Frauenquote und Zuschussrente -, müsse sie wohl mit SPD und Grünen | |
koalieren, bemerkte der FDP-Fraktionschef im Hessischen Landtag, Florian | |
Rentsch, sarkastisch. | |
Und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) machte die Kanzlerin | |
darauf aufmerksam, dass die CDU zwar gerne ihre eigene Programmatik | |
festlegen könne, sich "am Ende aber mit CSU und FDP einigen" müsse. | |
Friedrich ließ die Regierungschefin außerdem noch wissen, dass mit der CSU | |
"ein undifferenzierter, flächendeckender Tarifvertrag nicht zu machen" sei. | |
## "Schmutzkonkurrenz mit Billiglöhnen" | |
Kritik kam auch von Gewerkschaftsseite. Die ganze Mindestlohndebatte bei | |
der CDU sei ohnehin "nur ein Wahlkampfmanöver", sagte der Vorsitzende der | |
IG Bau, Klaus Wiesehügel. Auf dem CDU-Landesparteitag in Bingen hatten sich | |
Delegierte aus den Reihen der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft | |
(CDA) gegen Klöckners Kompromissvorschlag gewandt und eine Lohnuntergrenze | |
von 8,50 Euro propagiert. Angemessene Mindestlöhne würden schließlich auch | |
den Mittelstand vor "Schmutzkonkurrenz mit Billiglöhnen" schützen, so ein | |
CDA-Vertreter aus Trier. | |
Die SPD Rheinland-Pfalz ging beim Thema Mindestlohn mit Klöckner speziell | |
und der Union allgemein hart ins Gericht: "Die Dreistigkeit, mit der die | |
CDU die guten Initiativen der SPD zunächst blockiert, um sie dann zu | |
übernehmen und als eigene Ideen zu verkaufen, ist unfassbar", sagte die | |
SPD-Arbeits- und Sozialministerin im rot-grünen Kabinett, Malu Dreyer. | |
7 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Peter Klingelschmitt | |
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