# taz.de -- Verbandsfunktionär zu Syrien: "Wir brauchen Schutz!" | |
> "Die Mehrheit der Syrer ist für eine demokratische Veränderung": Ein | |
> Gespräch mit Mustafa Gumrok, Vorsitzender des Deutsch-Syrischen Vereins, | |
> Landesverband Berlin. | |
Bild: "Freies Syrien" - Exilsyrer hoffen auch auf Unterstützung aus Deutschlan… | |
taz: Herr Gumrok, gibt es eine eindeutige Haltung des Deutsch-Syrischen | |
Vereins zu den gewalttätigen Kämpfen in Syrien? | |
Mustafa Gumrok: Leider hat unser Verein keine offizielle Haltung dazu. | |
Spiegelt das die Verhältnisse in Syrien wider? | |
Die syrische Gesellschaft ist sicherlich auch gespalten. Aber die Mehrheit | |
der Syrer - und das kann ich mit Sicherheit sagen - ist für eine | |
demokratische Veränderung. Für eine Gesellschaft, in der Freiheit und | |
Menschenwürde geachtet wird. Dann gibt es eine Gruppe, die aus Angst nichts | |
sagt, und eine solche, die mit dem Regime ist. | |
Sind das nur die Profiteure des Regimes? | |
Das sind in erster Line Profiteure und die Staatssicherheit und leider auch | |
gebildete Leute, die die Argumente der Staatsmedien immer weiter teilen. | |
Diese ewig paranoiden Erzählungen vom salafistischen oder israelischen | |
Komplott. Sie halten die ewig gleichen Klischees und Lügen gegen die | |
Wahrheit der brutalen Unterdrückung. Und selbst das Militär ist ja | |
gespalten. Es gibt das neue, freie syrische Militär, das nun entsteht. Wenn | |
Syrien eine Flugverbotszone wie in Libyen hätte, würden sich viel mehr | |
Militärs abspalten und für die Revolution kämpfen. | |
Haben sie Kontakte ins Land? | |
Wir haben natürlich Kontakt zu unseren Familien und unseren Freunden. Aber | |
nicht über Telefon, sondern über Facebook oder Skype. | |
Was halten sie von der Abmachung zwischen Baschar al-Assad und der | |
Arabischen Liga: Das syrische Regime gebietet der Gewalt Einhalt, die Armee | |
zieht ihre Panzer aus den Städten zurück und lässt die politischen | |
Gefangenen frei. Überwacht werden soll das Ganze von Beobachtern der | |
Arabischen Liga. | |
Die arabische Initiative ist gescheitert. Sie hat eher dem Regime geholfen | |
als dem syrische Volk. | |
Warum? | |
Die Liga hat Bedingungen gestellt, wie beispielsweise das Militär | |
zurückzuziehen, aber nicht eine Forderung wurde erfüllt. Sie hat dem System | |
Zeit gelassen, weiter zu morden. Und das Regime mordet seither noch mehr. | |
Die Städte Homs und Hama sind seit Tagen belagert. Der Nationalrat der | |
Syrer, der sich in Istanbul gebildet hat, fordert die Weltgemeinschaft dazu | |
auf, in Syrien einzugreifen. | |
Über welche Drohmittel verfügt die Arabische Liga? | |
Sie könnte die Mitgliedschaft Syriens aberkennen. Und ihre Mitgliedstaaten | |
könnten alle Botschafter des Regimes ausweisen. Das wäre eindeutig. | |
Ist die syrische Opposition in Deutschland organisiert? | |
Ja, es gibt viel Initiativen, die Proteste organisieren und die | |
Öffentlichkeit informieren. Wir haben hier in Berlin beispielsweise ein | |
große Fotoausstellung gemacht über die Gewalt des Regimes. Das sind kleine | |
Aktionen. Syrien braucht aber viel mehr Unterstützung. Mein Appell, auch an | |
Frau Merkel: Helft Syrien, das syrische Volk braucht Schutz. | |
Wie soll die Hilfe aussehen? | |
Man muss den Nationalrat der Opposition als legitimen Vertreter des Volkes | |
anerkennen. Und wir fordern ein Flugverbotszone, damit sich die Opposition | |
formieren und das Militär spalten kann. Die Vereinten Nationen müssen | |
Entscheidungen treffen. | |
Haben Sie hier in Deutschland Angst vor Assads Häschern? | |
Früher hatten wir viel mehr Angst. Aber die Mauer der Angst ist gebrochen, | |
wenn wir sehen, wie viele junge Leute und Kinder erschossen werden, dann | |
hat die Angst keinen Platz mehr, egal, wie viele Spitzel hier agieren. | |
Wie sehen Sie die Chancen des Assad-Regimes, sich an der Macht zu halten? | |
Noch ein paar Monate. | |
9 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Edith Kresta | |
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