# taz.de -- Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann: Erst die Razzia, dann der Rück… | |
> Josef Ackermann wird nicht auf einen Aufsichtsratsposten bei der | |
> Deutschen Bank rücken. Derweil ist der Rechtsstreit um die Kirch-Pleite | |
> mit einer Polizeirazzia in seinen Büroräume eskaliert. | |
Bild: Soll im Mai im Zivilverfahren um die Kirch-Pleite falsche Angaben gemacht… | |
MÜNCHEN/FRANKFURT dpa/afp | Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann verzichtet | |
nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand auf ein Aufrücken in den | |
Aufsichtsrat. Die "extrem herausfordernden Verhältnisse auf den | |
internationalen Finanzmärkten und im politisch-regulatorischen Umfeld" | |
erforderten den vollen Einsatz Ackermanns als Bankchef, teilte die Bank am | |
Montag mit. Dies lasse keinen Raum für die für einen Wechsel in den | |
Aufsichtsrat notwendigen Einzelgespräche mit Aktionären. | |
Zuvor war der seit Jahren schwelende Rechtsstreit um milliardenschweren | |
Schadenersatz für die Pleite des Medienzars Leo Kirch eskaliert. Ackermann | |
spielt darin eine tragende Rolle. Die Staatsanwaltschaft München | |
verdächtigt ihn, im Mai im Zivilverfahren vor dem Münchner | |
Oberlandesgericht falsche Angaben gemacht zu haben und durchsuchte auch | |
Ackermanns Büro in Frankfurt. Die Razzia fand nach Angaben einer | |
Behördensprecherin bereits in der vergangenen Woche statt. Die Bank wehrt | |
sich gegen die Vorwürfe - und gegen die Richter des Zivilverfahrens. | |
Vor allem Richter Guido Kotschy werfen die Anwälte der Bank Befangenheit | |
vor und stoppten mit einem entsprechenden Antrag am Montag das Verfahren | |
(Akt: 5U 2472/09) zunächst. Damit platzte auch die Aussage von Verlegerin | |
Friede Springer, die bereits im Saal Platz genommen hatte. Ein Sprecher der | |
Kirch-Seite sagte, es handle sich bei dem Antrag um ein durchsichtiges | |
Manöver, auch um die Aussage zu verhindern. | |
Nicht nur Ackermann, auch Aufsichtsratschef Clemens Börsig sowie der | |
frühere Personalvorstand Tessen von Heydebreck und Ackermann- Vorgänger | |
Rolf Breuer sind im Visier der Ermittler. Nach Angaben eines Bank-Sprechers | |
wurde auch Breuers Wohnung durchsucht. | |
Ein Banksprecher sagte: "Wir weisen die Anschuldigungen der | |
Staatsanwaltschaft als haltlos und das Vorgehen als unverhältnismäßig | |
zurück." Die Manager sollen bei ihren Aussagen im Mai zu einer | |
Vorstandssitzung der Bank am 29. Januar 2002 Angaben gemacht haben, die | |
nach Meinung der Richter nicht zum englischen Protokoll der Sitzung passen | |
sollen. | |
In dem Schriftstück ist vermerkt, die Bank erwäge Kirch ein Mandat | |
anzubieten - also beratend für den Medienzar tätig zu werden. Wenig später | |
gab der damalige Bank-Chef Breuer ein Interview, in dem er die | |
Kreditwürdigkeit Kirchs anzweifelte. Wochen danach brach Kirchs Imperium | |
zusammen. Nach den Aussagen von Ackermann hatte die Bank aber kein | |
Interesse an einem Mandat von Kirch. | |
## Kirch-Seite bisher erfolglos | |
Das Gremium habe am 29. Januar zwar zugestimmt, mit Kirch wegen eines | |
solchen Beratungsmandats zu sprechen. "Das war für uns eher eine | |
Vorsichtsmaßnahme", sagte Ackermann im Mai. Die Bank habe sich angesichts | |
möglicher Anfragen anderer Interessenten nicht dem Vorwurf aussetzen | |
wollen, ohne Rücksprache Mandate gegen den eigenen Kreditkunden anzunehmen. | |
Genau das bezweifelt das Gericht, den englischen Wortlaut sollen aber noch | |
zwei Gutachter übersetzen. | |
Der Mitte Juli verstorbene Kirch hatte zeitlebens die Bank und Breuer für | |
den Untergang seines Unternehmens 2002 verantwortlich gemacht. Beide | |
überzog der Medienmogul mit einer wahren Prozessflut, um zu beweisen, dass | |
hinter seiner Pleite nicht geschäftliches Versagen, sondern eine | |
Verschwörung der Bank steckt. Bisher hatte die Kirch-Seite dabei vor | |
Gericht nur wenig Erfolg verbuchen können. Im aktuellen Verfahren prüft das | |
Oberlandesgericht mit vielen prominenten Zeugen die Umstände der | |
spektakulären Pleite 2002. | |
Die Anwälte der Bank machten mit ihrem Befangenheitsantrag die bereits seit | |
längerem laufenden Ermittlungen erst öffentlich. Sie hatten in den Akten | |
einen Schriftwechsel zwischen Gericht und Staatsanwaltschaft entdeckt, die | |
in den normalen Akten nicht zu finden seien. Darin sehen sie eine | |
Absprache, die zeige, dass das Gericht sich bereits eine Meinung gebildet | |
habe - zumal der Kontakt bereits im März begonnen habe, also vor der | |
Aussage Ackermanns. | |
Auch andere Einschätzungen der Richter zeigten, dass sie auf eine Richtung | |
festgelegt seien. Es gebe Zeugenaussagen, die dem Senat "nicht ins Konzept" | |
passten. "Das ist schon ein merkwürdiger Vorgang", sagte Anwalt Peter | |
Heckel. Kirch-Anwalt Peter Gauweiler sieht wenig Chancen für die Bank. "Der | |
Antrag ist absurd", sagte er. | |
Über die mögliche Befangenheit des Senats müssen nun andere Richter | |
entscheiden, bis dahin sind alle bereits geplanten Termine abgesagt. Sollte | |
der Antrag abgelehnt werden, könnte das Verfahren mit neuen Terminen | |
fortgesetzt werden. Sollte er Erfolg haben, würde der Senat mit neuen | |
Richtern weitertagen - könnte aber die gesamte Beweisaufnahme wiederholen. | |
Beobachter bezweifeln allerdings, dass das Verfahren noch in diesem Jahr | |
weitergehen wird. Auch mehr als 120 Tage nach Tod Kirchs hat der Streit | |
nichts von seiner Sprengkraft verloren und wird Anwälte und Richter wohl | |
noch lange beschäftigen. | |
14 Nov 2011 | |
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