# taz.de -- Neue Koalition in Berlin: Die Hauptstadt wird rot-schwarz | |
> Eine große Koalition soll nun Berlin regieren. Die SPD setzt sich in den | |
> strittigen Punkten durch. Doch auch die CDU feiert einen kleinen Erfolg. | |
Bild: CDU-Chef Henkel (l.) offenbar vergnügt über den Koalitionsvertrag. | |
BERLIN taz | Im Eiltempo haben sich SPD und CDU auf eine Landesregierung | |
für die nächsten fünf Jahre in Berlin geeinigt. Nur fünf Wochen nach Beginn | |
der Verhandlungen stellten beide am Mittwoch den 100-seitigen | |
Koalitionsvertrag vor. Dem sollen am kommenden Montag die Parteitage | |
zustimmen. | |
Drei Tage später will Rot-Schwarz im Abgeordnetenhaus, dem Berliner | |
Landesparlament, den seit 2001 amtierenden Regierenden Bürgermeister Klaus | |
Wowereit (SPD) erneut ins Amt wählen. Der gab als Ziel aus: "Wir wollen, | |
dass Berlin reicher wird und sexy bleibt" - eine Anspielung auf seine | |
frühere Äußerung, Berlin sei "arm, aber sexy". | |
Nach der Abgeordnetenhauswahl am 18. September hatte die SPD zunächst mit | |
den Grünen verhandelt. Diese Verhandlungen scheiterten offiziell am | |
Widerstand der Grünen gegen den Weiterbau des Autobahn-Stadtrings. Wowereit | |
gab aber seither mehrfach zu erkennen, dass ihm eine nur knappe rot-grüne | |
Mehrheit zu riskant gewesen wäre. | |
Mit der CDU verfügt die SPD über eine breite Mehrheit von 86 der 149 Sitze | |
im Abgeordnetenhaus. Die jüngsten Verwerfungen bei den Grünen - am Dienstag | |
trat ihr Fraktionschef Volker Ratzmann zurück - bestätigten Wowereit in | |
seiner Haltung. | |
In der Berliner Landesregierung besetzt die SPD neben Wowereit vier | |
Senatorenposten. Auch die CDU erhält vier. Es ist das erste Mal seit den | |
Zeiten Willy Brandts in den Sechzigerjahren, dass die CDU in einem | |
SPD-geführten Senat vertreten ist. Von 1991 bis 2001 wiederum regierte eine | |
schwarz-rote Koalition unter Leitung der CDU. | |
## Die SPD behält zentrale Ressorts | |
Wie im bisherigen rot-roten Senat seit 2002 ist die SPD für die zentralen | |
Ressorts Finanzen, Stadtentwicklung sowie Bildung und Wissenschaft | |
zuständig. Als viertes kommt Arbeit, Integration und Frauen hinzu. An die | |
CDU gehen die Senatsverwaltungen - Berliner Bezeichnung der | |
Landesministerien - für Inneres, für den Bereich Wirtschaft, Technologie | |
und Forschung, für Gesundheit und Soziales sowie für Justiz und | |
Verbraucherschutz. | |
In der abschließenden Runde in der Nacht zu Mittwoch konnte sich bei | |
letzten Streitpunkten zumeist die SPD durchsetzen. Sie rang der CDU eine | |
Übernachtungssteuer für Touristen ab, die "City-Tax", sowie eine höhere | |
Grunderwerbssteuer. | |
Außerdem konnte die SPD festlegen, dass Unternehmen, die Aufträge des | |
Landes erhalten wollen, künftig mindestens 8,50 statt 7,50 Euro pro Stunde | |
zahlen müssen. Die CDU-Verhandler hatten das skeptisch betrachtet. Sie | |
folgten aber mit ihrer Zustimmung der unmittelbar zuvor beim | |
CDU-Bundesparteitag beschlossenen neuen Linie zu Mindestlöhnen. | |
Zudem blockte die SPD den Wunsch der CDU ab, erstmals seit 2003 wieder | |
Lehrer zu verbeamten. Auch die von ihr bekämpfte Kennzeichnungspflicht für | |
Polizisten konnte die Union nicht rückgängig machen. | |
CDU-Chef Frank Henkel, der als künftiger Innensenator gilt, nannte als | |
christdemokratische Erfolge unter anderem, dass Berlin 250 Polizisten | |
zusätzlich einstellen will. Darüber hinaus sollen Schulen selbst | |
entscheiden können, ob sie Erst- und Zweitklässler weiter, wie seit 2009 | |
vorgeschrieben, im sogenannten jahrgangsübergreifenden Lernen, gemeinsam | |
unterrichten. | |
16 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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