# taz.de -- Konflikt zwischen Sudan und Südsudan: Angst vor Revolution beim Na… | |
> Nur wenige Monate nach der Unabhängigkeit Südsudans droht ein neuer Krieg | |
> mit dem Norden. Dort haben Hardliner des Militärs die Oberhand gewonnen. | |
Bild: So lange ist die Unabhängigkeitsfeier des Südsudan noch nicht her: 14. … | |
JUBA taz | "Wenn der Süden Krieg will, sind wir bereit", sagte Sudans | |
Präsident Omar al-Bashir vor kurzem. Sein südsudanesischer Amtskollege | |
Salva Kiir antwortete: "Wir lassen unsere Souveränität von niemandem | |
bedrohen." Südsudan ist erst seit Juli ein eigener Staat, aber das | |
Verhältnis mit dem Sudan ist auf einem Tiefpunkt gelandet. | |
Sudan und Südsudan beschuldigen sich gegenseitig der Unterstützung von | |
Milizen im jeweils anderen Land. Die Regierung in Khartum sagt, sie habe | |
Beweise, dass Südsudan Rebellen in den Bundesstaaten Süd-Kordofan und Blue | |
Nile mit Waffen beliefert. Die Regierung in Juba glaubt, dass Sudans Armee | |
Aufständische im ölreichen Staat Unity bewaffnet. | |
Vor wenigen Tagen wurde berichtet, ein Lager im Südsudan mit Flüchtlingen | |
aus Süd-Kordofan sei vom Norden her bombardiert worden: Nach UN-Angaben | |
wurden am 10. November mehrere Bomben direkt auf ein Flüchtlingslager mit | |
20.000 Bewohnern im Ort Yida abgeworfen. Khartum verneint das. | |
Viele Südsudanesen befürchten jetzt einen neuen Krieg. "Die | |
Antonow-Flugzeuge, die Khartum für Luftangriffe benutzt, können weit | |
fliegen. Die können bis nach Juba kommen. Daran erinnern wir uns aus dem | |
Krieg", meint Aching Taban, der auf einem Staubfeld in Juba mit Freunden | |
Fußball spielt. Er fügt hinzu: "Einen neuen Krieg werden wir nicht | |
verkraften. Wir haben schon so viele Probleme, seit wir unabhängig sind, | |
und versuchen, unser Land aufzubauen. " | |
## Proteste im Norden | |
Taban ist einer von mehreren hunderttausend Südsudanesen, die aus dem | |
Norden in ihre Heimat zurückgekehrt sind, um ihren neuen Staat aufbauen zu | |
helfen. Jetzt fürchten diese Menschen um ihre Zukunftsträume. | |
Beiden Ländern geht es wirtschaftlich schlecht. Sudan hat drei Viertel | |
seiner Ölquellen verloren, weil die in Südsudan liegen. Damit kann es seine | |
Auslandsschulden von mehr als 35 Milliarden Euro nicht abzahlen. "Jährlich | |
müssen wir eine Milliarde zurückzahlen", sagte Außenminister Ali Karti | |
kürzlich und warnte vor einem wirtschaftlichen Kollaps. In Sudans | |
Hauptstadt Khartum sind die Preise stark gestiegen, es kommt immer wieder | |
zu Demonstrationen, die aber immer schnell und mit viel Gewalt zerschlagen | |
werden. Manche Analysten prophezeien im Sudan die nächste "arabische | |
Revolution". | |
Trotz der schlechten Lage hat Khartum sich in neue Konflikte im eigenen | |
Land gestürzt. Der Einsatz der Armee gegen Rebellen in Süd-Kordofan und | |
Blue Nile, der zu einer humanitären Katastrophe geführt hat, verschlingt | |
viel Geld. Seit Sudan um ein Drittel kleiner wurde, spielt das Militär die | |
wichtigste Rolle innerhalb der Regierung. | |
Die zivilen Politiker, selbst die Hardliner in der Regierungspartei NCP | |
(Nationale Kongresspartei), sind an den Rand gedrängt. Die Militärs machen | |
die Zivilisten für den Verlust Südsudans verantwortlich. Sie wollen jetzt | |
nicht auch noch Süd-Kordofan und Blue Nile verlieren und bekämpfen die | |
Aufständischen dort mit allen Mitteln, worunter auch die Zivilbevölkerung | |
leidet. | |
Die Rebellen dieser beiden Bundesstaaten wiederum haben sich mit den | |
Rebellen von Darfur im Westen Sudans verbündet, wo schon seit 2003 gekämpft | |
wird und mehrere Millionen Menschen vertrieben wurden. UN-Generalsekretär | |
Ban Ki Moon hat die Bildung dieser Allianz namens "Sudanesische | |
Revolutionäre Front" verurteilt: Die UNO fürchtet, dass Khartum darauf mit | |
einem Angriff auf Südsudan antwortet. | |
## Pessimismus im Süden | |
Auch im Südsudan ist die wirtschaftliche Lage schlecht. Der neue Staat | |
bekommt viel Hilfe von außen, aber er hat auch viel weniger Einnahmen. Die | |
Ölproduktion ist um ein Viertel gesunken, weil es an Experten fehlt. Bis | |
zur Unabhängigkeit arbeiteten in Südsudans Ölsektor vor allem | |
Nordsudanesen, die jetzt weg sind. | |
Eine Einigung zwischen beiden Staaten über die zukünftige Organisation des | |
Ölsektors steht noch aus; stattdessen hat Sudans Regierung jetzt scharf | |
protestiert, dass Südsudans Regierung die Anlagen der staatlichen | |
sudanesischen Ölgesellschaft Sudapet im Süden konfisziert hat. Südsudans | |
Geldgeber erwarten auch, dass Präsident Salva Kiir die zunehmende | |
Korruption innerhalb und außerhalb der Behörden anpackt. | |
"Unsere Politiker leisten leider keine gute Arbeit", meint Student Taban am | |
Rande des Fußballplatzes in Juba. "Das stimmt", sagt einer seiner | |
Mitspieler. "Aber jedenfalls versuchen sie, den Frieden zu bewahren. | |
Dagegen rührt das Regime in Khartum die Kriegstrommeln." | |
20 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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