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# taz.de -- Wahl in Spanien: Konservativer Kantersieg
> Die Sozialisten sind weg, die Grünen schneiden enttäuschend ab, die
> baskischen Linksnationalisten überraschen. Und die Börse gibt keine Ruhe.
Bild: Lächelnder Wahlsieger: Spaniens künftiger Ministerpräsident Mariano Ra…
MADRID taz | Die Freude der einen ist das Debakel der anderen. Spaniens
konservative Partido Popular (PP) unter Mariano Rajoy hat am Sonntag die
Wahlen mit einer nie da gewesenen breiten absoluten Mehrheit gewonnen. Mit
44,6 Prozent der Stimmen verfügt die PP künftig über 186 der insgesamt 350
Sitze im spanischen Parlament.
Die bisher regierenden Sozialisten der PSOE, die Alfredo Pérez Rubalcaba,
den Stellvertreter und ehemaligen Innenminister des amtsmüden José Luis
Rodriguez Zapatero in die vorgezogenen Neuwahlen schickten, erzielten das
schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte.
Nur 28,7 Prozent der Wähler stimmten für die PSOE, womit sie künftig nur
noch über 110 Mandate verfügt. Das ist ein Drittel weniger als bisher.
Während die PP ihre Wählerschaft von 10,3 Millionen auf 10,8 Millionen
knapp steigern konnte, büßte die PSOE vier von zehn Stimmen ein.
Wahlverlierer Rubalcaba kündigte für Anfang kommenden Jahres einen
Parteitag an, auf dem sich die PSOE erneuern soll.
Mehrere kleine Parteien profitieren von der Implosion der PSOE, die von
ihren Wählern für ihre Krisenpolitik abgestraft wurde. Die
postkommunistische Vereinigte Linke (IU) hat künftig statt einem
Abgeordneten gleich neun Abgeordnete, die in der politischen Mitte
angesiedelte Union für Fortschritt und Demokratie (UPyD) fünf statt bisher
einem.
## Die Grünen sind enttäuscht
Enttäuschend war der Wahlabend für die neue grüne Partei Equo. In der
Provinz Madrid kam sie nicht über 3 Prozent, die Spitzenkandidat und
Ex-Greenpeace-Chef Juan López de Urlade für einen Parlamentssitz gebraucht
hätte. Ein kleiner Trost ist das Ergebnis von Compromis-Equo, einem Bündnis
aus Regionalisten und Ökologisten in Valencia, die einen Abgeordneten ins
Parlament entsendet. Und in Katalonien holte die Initiative für Katalonien
/ Die Grünen (ICV) zwei Sitze statt bisher einen.
Für Überraschung sorgten die baskischen Linksnationalisten von Amaiur. Nur
wenige Wochen nach der Verkündung eines "endgültigen Waffenstillstands"
durch die Separatistenorganisation ETA kommen sie nun auf sieben
Abgeordnete und liegen damit vor der gemäßigten Baskisch Nationalistischen
Partei (PNV).
Tausende versammelten sich in der Wahlnacht vor dem PP-Sitz in Madrid. Sie
jubelten Rajoy zu und verlangten von ihm, dass er die fortschrittlichen
Reformen der vergangenen Jahre, wie das Recht auf Abtreibung und die
Homoehe, zurücknimmt.
Die Versuchung, Spanien wieder eine konservativ-religiöse Politik
aufzudrücken, ist groß. Denn die PP verfügt jetzt über eine absolute Macht
auf allen Ebenen. Sie regiert in fast allen Provinzhauptstädten sowie in 11
der 17 Regionen des Landes und ist in zwei weiteren Mehrheitsbeschaffer.
Bei den Wahlen im südspanischen Andalusien im kommenden Frühjahr dürfte
auch diese letzte PSOE-Hochburg fallen.
## Ratingagenturen drohen
"Wir werden in der heikelsten Konjunkturlage der letzten 30 Jahre
regieren", versuchte Wahlsieger Mariano Rajoy die Euphorie seiner Anhänger
zu dämpfen. Die Märkte haben Spanien in den letzten Tagen trotz des sich
abzeichnenden Erfolges der Konservativen keine Verschnaufpause gegönnt. Die
Zinsen für Staatsanleihen auf zehn Jahre stiegen erneut. Am
Montagnachmittag lagen sie bei über 6,5 Prozent. Die Zinsen für
Staatsanleihen stiegen auf über 7 Prozent.
Die Ratingagenturen drohen damit, Spanien weiter abzustufen, da die
Wirtschaft völlig stagniert und die Sparziele nicht eingehalten werden
können. Die alte Regierung hat sich dazu verpflichtet, das Haushaltsdefizit
von 9,3 Prozent des BIP (2010) in diesem Jahr auf 6,0 Prozent zu senken.
Dies dürfte nicht gelingen. Schätzungen gehen von 6,6 Prozent aus. Das
Wirtschaftswachstum wird 2011 deutlich unter 1 Prozent liegen. Und Spanien
hat mit 21,5 Prozent die höchste Arbeitslosenquote in der EU.
"Es wird keine Wunder geben. Wir haben auch keine versprochen", warnte
Rajoy angesichts dieser Lage vor allzu großen Erwartungen. Wie er der Krise
Herr werden will, verriet er am Tag nach den Wahlen ebenso wenig wie die
Zusammensetzung seiner Regierungsmannschaft.
21 Nov 2011
## AUTOREN
Reiner Wandler
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