# taz.de -- Nachhaltige Bananenproduktion: Chiquitas Etikettenschwindel | |
> Der US-amerikanische Bananenmulti hat vor sechs Jahren angekündigt, | |
> nachhaltiger und fairer produzieren zu wollen. Doch viel hat sich seitdem | |
> nicht getan. | |
Bild: Bananenplantage von Chiquita in Costa Rica. | |
HAMBURG taz | Nogal heißt die Modellplantage von Chiquita im Norden von | |
Costa Rica. Zur Farm des mittelamerikanischen Landes gehört ein | |
Wiederaufforstungsprojekt, das genauso wie die Plantage gern | |
internationalen Besuchern vorgeführt wird. Rodolfo Suadarez Martínez | |
arbeitet auf dieser Musterplantage. Doch "mustergültig" geht es dem | |
Gewerkschafter zufolge ganz und gar nicht zu. | |
"Die Löhne stagnieren seit Jahren, aber die Arbeitsanforderungen und die | |
Lebenshaltenskosten steigen", klagt Martínez. Das Unternehmen setze zudem | |
alles in Gang, damit sich die Arbeiter nicht in den unabhängigen | |
Gewerkschaften organisieren könnten. Daran änderten auch die Kontrollen der | |
Rainforest Alliance nichts, die inzwischen nahezu alle Chiquita-Plantagen | |
in Mittelamerika zertifiziert haben. | |
Vor sechs Jahren hat der Bananenkonzern Chiquita angekündigt, nachhaltiger | |
und fairer produzieren zu wollen. Die Umweltorganisation Rainforest | |
Alliance sollte die Einhaltung der neuen Leitlinien überprüfen. | |
"Der kleine grüne Frosch versichert Ihnen, dass Produkte und | |
Dienstleistungen in umweltfreundlicher, sozial und wirtschaftlich | |
nachhaltiger Weise erzeugt wurden", ist auf der Homepage der Organisation | |
zu lesen. Doch die Gewerkschaften sprachen von Etikettenschwindel. | |
So klagt Rodolfo Suadarez Martínez: Immer dann, wenn die Inspektoren der | |
Nichtregierungsorganisation mit Stammsitz in New York in Nogal auftauchten, | |
werde Tage vorher gründlich aufgeräumt. "Die Arbeiter erhalten pünktlich | |
zum Ankunft der Inspektoren neue Arbeitskleidung, Schutzmasken und Co., | |
aber eben nur dann", berichtet Martínez. | |
Kein Einzelfall, wie im Gewerkschaftsbüro in Sarapiquí zu hören ist. Dort | |
sitzt ein gutes halbes Dutzend Chiquita-Arbeiter und beklagt, dass | |
organisierte Arbeiter auf den Plantagen diskriminiert würden und dass die | |
Tarifverhandlungen seit Monaten auf der Stelle treten. | |
Auch beim Einsatz der Pestizide sei nahezu alles beim Alten geblieben, | |
erklärt Barbaro Enrique Vocal, ein 38-jähriger Arbeiter von der | |
Cafin-Plantage. | |
## Gewerkschafter weren diskriminiert | |
Defizite, die der Rainforest Alliance nicht zum ersten Mal zu Ohren kommen, | |
gibt Oliver Bach zu. Bach hat mehrere der Zertifizierungsstandards der | |
US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation mitentwickelt, lebt in Costa | |
Rica und weiß, wovon er spricht. Gewerkschaften würden immer noch | |
diskriminiert werden, erzählt Bach. Da müsse man ansetzen. | |
Doch wie das passieren soll, ist unklar. Denn Audits, die angekündigt und | |
nur maximal einmal pro Jahr stattfinden würden, könnten nicht das geeignete | |
Mittel sein, kritisiert Iris Munuía, Vorsitzende der Koordinierung der | |
Gewerkschaften der Bananen und Ananasarbeiterinnen Lateinamerikas | |
(Colsiba). | |
"Es ist doch bezeichnend, dass es keine direkten Kontakte zur Rainforest | |
Alliance und deren Auditoren gibt", kritisiert die ehemalige | |
Bananenarbeiterin aus Honduras. Faktisch würden Plantagen zertifiziert, wo | |
Arbeitsrechte verletzt werden. | |
Ein Vorwurf, den Georg Jaksch, Chiquita-Repräsentant in Antwerpen, so nicht | |
stehen lassen möchte. Er hat angekündigt, den massiven Vorwürfen vor Ort | |
nachzugehen. Momentan befinde er sich auf einer Rundreise in Costa Rica, | |
Honduras und Panama. | |
21 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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Kolumbien | |
Infektion | |
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