# taz.de -- Kommentar Klimapolitik: Rösler auf Chinakurs | |
> Der FDP-Minister will das Energieeinsparziel aufweichen. Ein verheerendes | |
> politisches Signal: Deutschland stellt sich gegen die Ziele, die es | |
> selbst erstritten hat. | |
BERLIN taz | Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) zerstört gerade | |
Deutschlands Klimapolitik. Er stellt mühsam ausgehandelte Kompromisse der | |
EU-Ebene in Frage. Das Energiekonzept der eigenen Regierung scheint Rösler | |
nicht zu kennen. | |
2007 hat Angela Merkel der EU Abkommen zum Klimaschutz abgerungen, eine | |
zentrale Säule davon: Bis 2020 soll die Staatengemeinschaft 20 Prozent | |
weniger Energie verbrauchen, als sie laut damaliger Prognose 2020 | |
verbrauchen würde. Es handelte sich also um ein absolutes Einsparziel. | |
Rösler will das jetzt aufweichen, nach chinesischem Vorbild: Wächst die | |
Wirtschaft stärker, darf auch absolut mehr Energie verbraucht werden. | |
Man könnte schicksalsergeben sagen, dass angesichts der Krise im Euroraum | |
der Vorstoß eigentlich wurscht ist. Die Wirtschaft wächst ohnehin nicht | |
mehr. Ernsthaft verheerend ist allerdings das politische Signal. | |
Deutschland stellt sich gegen die Ziele, die es selbst erstritten hat. | |
Sollte sich Röslers Position durchsetzen, hätte die EU tatsächlich eine | |
neue Prämisse in ihrer Energiepolitik: Erzielt sie ein hohes Wachstum, darf | |
sie auch mehr Energie verbrauchen. Bisher gab es eine absolute, klar | |
definierte Obergrenze. Diese Grenze des Wachstums von Energieverbrauch | |
würde fallen. Dabei ist es genau dieses Limit, dass auch andere Staaten | |
angesichts der globalen Erwärmung dringend akzeptieren müssten. | |
Am Montag beginnt die internationale Gemeinschaft in Südafrika über ein | |
neues Klimaschutzabkommen zu ringen. Schon vor Beginn gilt es als extrem | |
unwahrscheinlich, dass sich die Teilnehmer darauf einigen, ihren | |
Energiehunger und damit den Ausstoß von Klimagasen zu begrenzen. Die EU und | |
Deutschland beschädigen nun ihre eigene Position als Vorreiter im | |
Klimaschutz. Das schädigt übrigens auch die heimische Wirtschaft, deren | |
Stärke gerade der Export energiesparender Technologien ist. Zumindest das | |
sollte ein Wirtschaftsminister kapieren. | |
23 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Debatte Globale Erwärmung: Plan B für Klimapolitik! | |
Die Klimadiplomatie ist gescheitert. Die Europäer sollten umgehend neue | |
Strategien zur Reduktion der Treibhausgase entwickeln – und Klimapolitik | |
als "Politik" begreifen. | |
Freiwillig Energie sparen: Deutsche Klimapolitik festgefahren | |
Europa will künftig Energie einsparen – doch die deutsche Regierung | |
zerschießt die Pläne von EU-Kommissar Oettinger. Auch bei der | |
Gebäudesanierung gibt es keine Einigung. | |
Effizienz-Richtlinie der EU umdefiniert: Berlin trickst bei Energiesparzielen | |
Deutschland sagt ja zum Energiesparen - allerdings nur auf freiwilliger | |
Basis. Das 20-Prozent-Ziel der EU-Kommission wird dafür einfach zugunsten | |
der Industrie verdreht. | |
Debatte Energieeffizienz: Das Merkel-Ziel | |
Einst von Merkel initiiert, droht die EU-Richtlinie für Energieeffizienz an | |
der Bundesregierung zu scheitern, vor allem am Widerstand aus dem | |
Rösler-Ministerium - ein fatales Signal. | |
Spiekerooger Klimagespräche: Die Unmöglichkeit einer Ökoinsel | |
Das bisschen Greenwashing von Politik und Wirtschaft reicht nicht aus. Wie | |
also können Menschen und Gesellschaften sich dazu bringen, zu handeln - und | |
das sofort? | |
Rösler und Röttgen uneins: Koalition streitet über Effizienz | |
Wirtschaftsminister Rösler lehnt die Verpflichtung zum Energiesparen ab, | |
die EU-Kommissar Oettinger plant. Der Umweltminister begrüßt den Vorschlag. |