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# taz.de -- Amtshilfe für zu Guttenberg: Die neuen Gebrüder Grimm
> Große Männerwochen bei der "Zeit": Erst adelt Schmidt Steinbrück, dann
> beichtet zu Guttenberg bei Giovanni di Lorenzo. Der kann den Ex-Doktor
> verstehen.
Bild: Drei Tage im Hotel mit di Lorenzo: zu Guttenberg spricht in der "Zeit".
Sie trafen sich in einem Londoner Hotelzimmer. Drei Tage lang. Sie trugen
Wollpullover und hellblaue Hemden, sie sahen fast aus wie Brüder. Di
Lorenzos ließ die Lesebrille baumeln, in seiner linken Hand. Den
Zeigefinger seiner Rechten legte er ans Kinn; er strahlte echtes Interesse
aus, beinahe Faszination. Zu Guttenberg krümmte seine Hand, wie ein Denker
blickte er zu Boden.
Zwischen ihnen standen Rosen, echte Rosen? Giovanni di Lorenzo, der
Chefredakteur der Zeit, stellte dem Exverteidigungsminister Fragen: "Herr
zu Guttenberg, Sie sehen anders aus als früher." Und Karl-Theodor zu
Guttenberg antwortete: "Ausgeschlafener."
Seine Antwort geriet etwas knapp. Di Lorenzo bohrte, er hakte nach. Er, der
Chefredakteur der Zeit, wollte sich nicht abspeisen lassen mit derart
karger Kost, er war schließlich bis nach London geflogen für dieses
Gespräch: "Ich meine etwas anderes. Ich vermisse die ganze Zeit Ihre
Brille, ich kenne sie gar nicht ohne."
Der Exminister knickte ein, offenbarte ausnahmslos alles. Sofortige
Aufklärung in der heiklen Brillenfrage. "Faktisch war es so, dass es einer
reizenden Ärztin in den USA bedurfte, die festgestellt hat, dass ich ohne
Brille vollkommen ausreichend sehen kann", gestand er.
## Ein "Streitgespräch"
Es sind die großen Männerwochen bei der Zeit. Erst bescheinigt Helmut
Schmidt, der Herausgeber, Peer Steinbrück, dem SPD-Fast-Kanzler-Kandidaten,
das volle Zeug zum Kanzler (Titelzeile: "Die Partie ist eröffnet"), jetzt
nimmt der Chefredakteur des Hamburger Blatts dem Exminister die Beichte ab
(Titelzeile: "Es war kein Betrug").
Während Schmidt Steinbrück mit der Geste der großväterlichen Güte und
Überlegenheit begegnete, sitzt di Lorenzo zu Guttenberg auf Augenhöhe
gegenüber. Auch der Ton des Gesprächs ist anders, einfühlsamer, wärmer,
verständnisvoller, als jener von Steinbrück und Schmidt. Zu Guttenberg
fühlt sich aufgehoben, verstanden.
Doch nur gekuschelt wird nicht, das wäre schließlich kein echter
Journalismus. Das Interview sei "zwangsläufig ein Streitgespräch", steht
neben dem Interview, kaum zu übersehen. Das Wort Streitgespräch ist fett
gedruckt.
24 Nov 2011
## AUTOREN
Felix Dachsel
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