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# taz.de -- Finanzsituation der Eurostaaten: Magerer "Minigipfel"
> Merkel, Sarkozy und Monti trafen sich zum Krisengespräch in Straßburg.
> Defizitsünder sollen stärker bestraft werden – auf mehr konnten sie sich
> nicht einigen.
Bild: Deutschland, Frankreich und Italien – in Form ihrer Staatsoberhäupter.
BERLIN taz/dpa/rtr | Es war ein eher mageres Ergebnis, das der "Minigipfel"
erbracht hat: Schon in wenigen Tagen soll es gemeinsame Vorschläge geben,
wie die EU-Verträge geändert werden könnten, damit Defizitsünder künftig
stärker bestraft werden. Auf mehr konnten sich Kanzlerin Angela Merkel
(CDU), der italienische Premier Mario Monti und der französische Präsident
Nicolas Sarkozy offenbar nicht einigen, als sie sich am Donnerstag in
Straßburg trafen.
Zwischen den Zeilen wurde deutlich, dass die Konflikte unvermindert
weiterbestehen. Ein Streitpunkt ist die Rolle der Europäischen Zentralbank
(EZB). Die Franzosen hätten es gern, dass die Notenbank die Garantie
abgibt, dass sie im Notfall unbeschränkt Staatsanleihen aufkauft - wie es
die US-amerikanische Fed oder die Bank of England selbstverständlich tun.
Die Franzosen hoffen, dass dann Ruhe auf den Finanzmärkten einkehrt und die
Risikoaufschläge wieder sinken. Denn inzwischen ist auch Frankreich ins
Visier der Investoren geraten. Die Franzosen müssen fast doppelt so hohe
Zinsen zahlen wie die Deutschen - und die Ratingagenturen haben angedroht,
dass Paris die Bestnote AAA verlieren könnte. Doch nach dem "Minigipfel" in
Straßburg gab sich Sarkozy zurückhaltend: Die drei Länder hätten volles
Vertrauen in die EZB und würden keine Forderungen an sie stellen.
Damit hat sich vorerst Merkel durchgesetzt, die in Straßburg nochmals
offensiv die deutsche Position wiederholte: "Die EZB ist unabhängig. Und
deshalb beschäftigen sich mögliche Vertragsänderungen auch nicht mit der
Europäischen Zentralbank." Die Bundesregierung fürchtet, dass der
Reformdruck von den Schuldnerstaaten genommen würde, wenn die EZB
eingreift.
## EZB und Eurobonds
Doch nicht nur die Rolle der EZB ist zwischen Frankreich und Deutschland
umstritten. Ein zweites Konfliktthema sind weiterhin die Eurobonds, also
gemeinsame Staatsanleihen aller Euroländer. Sie würden verhindern, dass
Investoren gegen einzelne Euroländer spekulieren könnten. Die EU-Kommission
hat inzwischen drei verschiedene Vorschläge ausgearbeitet und am Mittwoch
vorgestellt.
Frankreich und Italien sprechen sich offensiv für solche "Stabilitätsbonds"
aus. Doch auch hier setzte sich Merkel durch: Eurobonds "wären ein ganz
falsches Zeichen", sagte sie in Straßburg. Denn sie würden die
unterschiedlichen Zinssätze der Mitgliedsländer nivellieren. Damit wäre
dann aber nicht mehr deutlich, "wo noch etwas zu tun ist". Sprich: welches
Land noch härter sparen muss.
Die Eurokrise ist derweil auch in Deutschland angekommen. Die
Bundesrepublik hatte am Mittwoch Mühe, ihre Staatsanleihen zu platzieren.
Für insgesamt 6 Milliarden Euro sollten 10-jährige Papiere versteigert
werden. Am Ende fand die Bundesfinanzagentur jedoch nur für 3,89 Milliarden
einen Käufer.
Allerdings ist umstritten, ob diese teils gescheiterte Auktion schon darauf
hindeutet, dass nun auch Deutschland an den Finanzmärkten in
Schwierigkeiten gerät. Es könnte genauso gut sein, dass den Anlegern der
gebotene Zins schlicht zu niedrig war. Die Bundesfinanzagentur wollte nur 2
Prozent für die 10-jährigen Papiere zahlen - dabei liegt die Inflation in
Deutschland momentan bei 2,5 Prozent. Von den Investoren wurde also
erwartet, dass sie sich auf ein Verlustgeschäft einlassen.
Die Anleihemärkte reagierten jedenfalls nicht besonders entsetzt darauf,
dass die deutsche Auktion teilweise gescheitert ist. Am Donnerstag
notierten 10-jährige Bundesanleihen bei 2,15 Prozent. Also immer noch sehr
niedrig. Nur zum Vergleich: Vor einem Jahr musste Deutschland noch 2,55
Prozent zahlen. Die Bundesrepublik ist also bisher ein Gewinner der
Eurokrise, weil die verschreckten Anleger ihr Geld aus Italien oder Spanien
abziehen, um es dann in Bundesanleihen zu parken. Dies drückt die Zinsen
für Deutschland nach unten.
24 Nov 2011
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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