Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Verhandlung am Bundesverfassungsgericht: Verständnis für Minigrem…
> Die Richter am Bundesverfassungsgericht scheinen die Notwendigkeit einer
> geheimen parlamentarischen Kontrolle des Eurorettungsschirms zu
> akzeptieren.
Bild: Menschenrettungsschirm? Nein, in Karlsruhe geht es mal wieder um den Euro…
KARLSRUHE taz | Möglicherweise wird das Bundesverfassungsgericht doch ein
geheimes und kleines Bundestagsgremium zur Kontrolle des
Eurorettungsschirms akzeptieren. Das zeichnete sich bei der mündlichen
Verhandlung über eine Klage von zwei SPD-Bundestagsabgeordneten ab. Im
Oktober hatten die Richter das erste Treffen des Gremiums noch mittels
Eilbeschluss gestoppt.
Der Eurorettungsschirm soll überschuldeten EU-Staaten unter anderem mit
Krediten helfen. Deutschland haftet dabei für insgesamt 253 Milliarden
Euro. In einem ersten Urteil hatte das Bundesverfassungsgericht im
September verlangt, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages allen
haushaltsgefährdenden Beschlüssen der EU-Regierungen vorab zustimmen muss.
Diese Vorgabe hatte der Bundestag anschließend im
Stabilisierungsmechanismus-Gesetz erfüllt und ging an zwei Punkten sogar
darüber hinaus. Der erstmaligen Kreditvergabe für ein bestimmtes Land muss
im Parlamentsplenum und nicht im Haushaltsausschuss zugestimmt werden. In
dringenden und vertraulichen Fällen soll es nicht genügen, dass die
Bundesregierung nachträglich informiert. Vielmehr richtete der Bundestag
ein Gremium aus neun Abgeordneten ein, das dann die Rechte des Bundestags
vorab wahrnimmt.
Gegen dieses Neuner-Gremium klagten die SPD-Abgeordneten Peter Danckert und
Swen Schulz. Ihre Rechte als Abgeordnete würden verletzt, wenn sie an der
Beschlussfassung und Information nicht teilhaben können. "Es gibt viel
weniger eil- und geheimhaltungsbedürftige Fälle als im Gesetz angenommen",
sagte Danckert. In der Regel solle deshalb das Plenum entscheiden und in
Ausnahmefällen die Regierung nachträglich informieren.
## "Deutschland muss handlungsfähig bleiben"
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte das Geheimgremium:
"Deutschland muss handlungsfähig bleiben." Wenn die europäischen
Regierungen keine schnellen Beschlüsse fassen können, würde der Ruf nach
einer Rettung überschuldeter Staaten durch die Europäische Zentralbank
immer lauter, was Berlin ablehne.
Wichtig sei die vertrauliche Beschlussfassung zum Beispiel, wenn der
Rettungsschirm beschließe, Staatsanleihen aufzukaufen. "Wenn die Märkte
vorher erfahren, welche Strategie mit welchem Einsatz verfolgt wird, können
sie leicht dagegen spekulieren", sagte Marcel Kaufmann, der Rechtsvertreter
des Bundestags. Peter Altmaier, CDU-Fraktionsgeschäftsführer, warnte davor,
die Zahl der Eingeweihten zu vergrößern: "Informieren Sie den
Haushaltsausschuss mit 41 Mitgliedern und 41 Stellvertretern, dann steht
die Nachricht garantiert bald in der Zeitung."
Die Richter zeigten sich beeindruckt und stellten die Notwendigkeit der
Delegation von Entscheidungen auf ein kleines Gremium nicht grundsätzlich
infrage. Sie werden eher Vorgaben machen, wann eine Delegation zulässig
sein soll. "Es kann nicht sein, dass der Bundestag beliebige Entscheidungen
in kleine Gremien verlagert", so Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle.
Der konservative Richter Peter M. Huber scheint die Bundestagsbeteiligung
sogar für zu weitgehend zu halten. "Möglicherweise hat der Bundestag hier
des Guten zu viel getan und in Rechte der Bundesregierung eingegriffen",
sagte Huber.
Das Urteil wird womöglich im Januar verkündet.
29 Nov 2011
## AUTOREN
Christian Rath
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar zum Eurorettungsschirm: Karlsruhe gefährdet den Euro
Das Bundesverfassungsgericht torpediert den Rettungsschirm EFSF. Es bleibt
nur eine Institution übrig, die das Vertrauen in den Euro retten kann: die
Europäische Zentralbank.
Eurokrise und US-Rating: Obamas Lippenbekenntnisse
Die USA wollen Europa in der Eurokrise unterstützen - aber nicht
finanziell. Währenddessen droht eine Ratingagentur, die Kreditwürdigkeit
der USA deutlich herunterzustufen.
Fragen und Antworten zur Eurokrise: Euroländer tanzen auf dem Vulkan
Italien treibt in den Bankrott, die Wirtschaft schrumpft und Gerüchte über
"Elitebonds" der reichen Eurostaaten kursieren. Und wieder soll ein
Krisengipfel helfen. Was geht?
Finanzsituation der Eurostaaten: Magerer "Minigipfel"
Merkel, Sarkozy und Monti trafen sich zum Krisengespräch in Straßburg.
Defizitsünder sollen stärker bestraft werden – auf mehr konnten sie sich
nicht einigen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.