# taz.de -- Amnesty zum Arabischen Frühling: "Weit entfernt" von glaubwürdig | |
> Die Gewalt des syrischen Regimes gegen Demonstranten ist in den Augen von | |
> Amnesty International ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Und die | |
> Bundesregierung sei halbherzig. | |
Bild: Lichtinstallation von Amnesty International an einer Hauswand in Berlin. | |
BERLIN epd | Amnesty International hat die gewaltsame Unterdrückung der | |
Proteste in Syrien als Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Der | |
UN-Sicherheitsrat werde aufgefordert, den Internationalen Strafgerichtshof | |
in Den Haag unverzüglich mit Ermittlungen gegen den dortigen Präsidenten | |
Baschar al-Assad zu betrauen, erklärte die Organisation in Berlin am Vortag | |
des "Internationalen Tages der Menschenrechte" am Samstag. | |
Allein aus den vergangenen Monaten seien 170 Fälle von zunächst | |
verschwundenen, aber später zu Tode gekommenen politischen Häftlinge zu | |
verzeichnen gewesen. | |
Der Bundesregierung warf Amnesty International Halbherzigkeit im Umgang mit | |
dem "Arabischen Frühling" vor, der vor einem Jahr seinen Anfang nahm. Schon | |
in der Vergangenheit sei sie "von einer glaubwürdigen Menschenrechtspolitik | |
weit entfernt" gewesen, erklärte der Generalsekretär der deutschen | |
Amnesty-Sektion, Wolfgang Grenz. Jetzt habe sie die Freiheitsbewegungen in | |
den arabischen Ländern zwar begrüßt, aber weiterhin Rüstungsexporte in | |
Länder wie Saudi-Arabien genehmigt und bisher auch keinen formellen | |
Abschiebestopp nach Syrien verhängt. | |
Auch in der Frage der Aufnahme von Flüchtlingen aus den Lagern im | |
Grenzgebiet von Libyen und Tunesien zeige sich die "Doppelzüngigkeit der | |
deutschen Haltung", die vor konkreten Schritte zurückschrecke. Die Lage | |
dort sei nach Auffassung des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR katastrophal, | |
zumal die Menschen nicht in ihre Heimatländer zurückkehren könnten. Anders | |
als Deutschland hätten sich die USA und sieben europäische Staaten zur | |
Aufnahme bereit erklärt. | |
Zu dem vor einem Jahr mit der Selbstverbrennung eines tunesischen | |
Gemüsehändlers begonnenen "Arabischen Frühlings" zog Amnesty eine gemischte | |
Bilanz. Während es in Tunesien große Fortschritte bei der Demokratisierung | |
gebe, sei die Ernüchterung in Ägypten derzeit groß. | |
Auch die Lage im Jemen bezeichnete Amnesty-Nahost-Expertin Ruth Jüttner als | |
"undurchsichtig". Das dort jüngst zustande gekommene Abkommen zum Rückzug | |
von Präsident Ali Abdullah Saleh sei wegen der darin zugesicherten | |
Straffreiheit für ihn und weitere Funktionsträger des Regimes "ein schwerer | |
Fehler". Wenn Verbrechen der Vergangenheit nicht aufgeklärt werden könnten, | |
erschwere dies enorm den Prozess der gesellschaftlichen Aussöhnung. | |
Mit Blick auf den in mehreren Ländern bereits vollzogenen Machtwechsel | |
verwies Amnesty-Generalsekretär Grenz auf die Unteilbarkeit der | |
Menschenrechte, auch im Umgang mit Islamisten: "Die neuen Machthaber werden | |
wir daran erinnern, dass sie sich nicht der alten Methoden bedienen | |
dürfen." | |
9 Dec 2011 | |
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