# taz.de -- Italien verkauft erfolgreich Staatsanleihen: Der Euro schlittert in… | |
> Italien schafft es, alle Staatsanleihen zu versteigern und die Krise | |
> bleibt unter Kontrolle. Doch gerettet ist der Euro noch nicht - erst 2012 | |
> kommt die harte Probe. | |
Bild: Hält sich grad noch über Wasser: der Euro. | |
BERLIN taz | Diese Auktion war mit Spannung erwartet worden: Italien | |
versteigerte am Donnerstag langjährige Staatsanleihen - und wurde | |
tatsächlich alle Papiere los. Zudem sanken die Zinsen. Die Risikoaufschläge | |
für Italien gelten inzwischen als zentraler Gradmesser, ob die Eurokrise | |
außer Kontrolle gerät. | |
Die Italiener nahmen insgesamt mehr als 7 Milliarden Euro Schulden auf. Für | |
eine zehnjährige Anleihe mussten sie 6,98 Prozent bieten. Dieser Zinssatz | |
ist zwar enorm hoch, wenn man bedenkt, dass Deutschland für den gleichen | |
Zeitraum nur etwa 2 Prozent zahlen muss. Trotzdem zeigt der Trend für | |
Italien nach unten: Im November wurden für ein zehnjähriges Papier noch | |
7,56 Prozent fällig. | |
Noch markanter war der Zinsrückgang bei dreijährigen Anleihen, die die | |
Italiener ebenfalls am Donnerstag versteigerten. Hier fiel die Rendite | |
sogar von 7,89 auf 5,62 Prozent. Dieser Zinsrückgang gerade bei den | |
dreijährigen Papieren dürfte kein Zufall sein: Kurz vor Weihnachten hatte | |
die Europäische Zentralbank (EZB) zu einer beispiellosen Maßnahme | |
gegriffen. Die Banken durften sich unlimitiert Geld für drei Jahre zum | |
Leitzins ausleihen, der momentan bei einem Prozent liegt. Dieses Angebot | |
nutzten die Institute sehr gern: Sie besorgten sich 489 Milliarden Euro. | |
Ein Teil dieser dreijährigen EZB-Kredite ist nun offenbar in die | |
dreijährigen Staatsanleihen Italiens geflossen. Denn für die Banken ist es | |
attraktiv, dass die Laufzeit identisch ist: Die Refinanzierung der | |
italienischen Papiere ist durchgängig gesichert und der Gewinn bestens | |
kalkulierbar. Als einziges Risiko bleibt, dass Italien unterwegs in die | |
Pleite rutschen könnte. Diese Möglichkeit scheinen die Investoren nicht | |
ganz auszuschließen - sonst würden sie nicht Zinsen von 5,62 Prozent für | |
dreijährige Papiere verlangen. | |
## Der Testfall kommt nächstes Jahr | |
Selbst für kurz laufende Kredite liegen die Renditen weiterhin sehr hoch. | |
Am Mittwoch hatte Italien Papiere von sechs Monaten versteigert und damit | |
11 Milliarden Euro eingenommen - für einen Zins von 3,25 Prozent. | |
Der eigentliche Testfall ist dann das nächste Jahr: 2012 muss Italien | |
Kredite in Höhe von etwa 440 Milliarden Euro aufnehmen, um alte Schulden, | |
neue Defizite und die Zinsen zu bezahlen. Dafür reicht bisher kein | |
europäischer Rettungsschirm. | |
Wie verunsichert die Finanzmärkte sind, zeigt auch eine andere Zahl: Am | |
Donnerstag lagerten bei der EZB 436 Milliarden Euro, die die Banken dort | |
über Nacht hinterlegt hatten. Am Mittwoch hatten die kurzfristigen Einlagen | |
sogar einen Rekord von 452 Milliarden erreicht. | |
## Die Banken misstrauen sich | |
Es findet also eine Art Kreisverkehr statt: Erst leihen sich die Banken für | |
drei Jahre Geld bei der EZB, um es dann über Nacht dort zu hinterlegen. Für | |
die Banken ist dies ein Verlustgeschäft, weil sie für ihre Einlagen von der | |
Notenbank nur einen Zins von 0,25 Prozent erhalten. Doch das Misstrauen | |
zwischen den Banken ist inzwischen so groß, dass sie sich gegenseitig kein | |
Geld mehr anvertrauen - bleibt also nur die EZB als sicherer Hort. | |
Zudem dürfte das Geld nicht lange bei der Notenbank lagern. Denn die Banken | |
müssen im nächsten Jahr Anleihen in Höhe von 700 Milliarden Euro ablösen - | |
und dafür benötigen sie die EZB-Kredite. Kaum werden sich viele private | |
Investoren finden, die ihr Geld den Banken anvertrauen. Denn anders als | |
normale Spargelder unterliegen Bankanleihen nicht der staatlichen | |
Einlagensicherung. Geht eine Bank pleite, werden die Anleihen nicht | |
vollständig zurückgezahlt. | |
Die Turbulenzen in der Eurozone spiegeln sich auch im Eurokurs. Er fiel am | |
Donnerstag auf knapp 1,29 zum Dollar. | |
29 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Montis Antrittsbesuch bei Angela Merkel: Sparen allein ist auch keine Lösung | |
Italiens Premier Mario Monti warnt vor Populismus und fordert eine | |
wachstumsfreundlichere Wirtschaftspolitik. Die EU-Kommission will den | |
Sparkurs hingegen verschärfen. | |
Europäische Bankenkrise: Ran an die Reserven der Wikinger | |
Reykjavik soll für Icesave-Einlagen haften. Damit gibt es einen | |
Präzedenzfall für die Garantien von Einlagensicherungen der Geldhäuser in | |
EU-Staaten. | |
Zehn Jahre zahlen mit dem Euro: Der Preis des Blumenkohls | |
Der Euro ist eine stabile Währung, an den meisten Preiserhöhungen war er | |
nicht schuld. Für Wirtschaftsforscher ist er trotz aller Probleme eine | |
Erfolgsgeschichte. | |
Kommentar Eurokrise: Finanzmärkte entmachten! | |
Die Banken machen hohe Gewinne, indem sie auf billiges Zentralbankgeld | |
Risikoaufschläge für Staatsanleihen verlangen. Das verschärft die Krise. | |
Debatte Eurokrise: Schreddern wir Europa? | |
Eurobonds retten den Euro nicht. Im Gegenteil, wenn wir den Euro sterben | |
lassen, könnte sich wieder eine europäische Solidarität entwickeln. | |
Finanzspritze von der EZB: Keine Lösung für Eurokrise | |
Die 500-Milliarden-Spritze aus Frankfurt bringt nur kurzfristig Entlastung | |
- für Banken und Unternehmen. Die überschuldeten Staaten aber schauen in | |
die Röhre. | |
Europäische Währungskrise: Regierung rettet Banken | |
Deutsche Geldhäuser brauchen Kapital, Italien muss Rekordzinsen zahlen – | |
ein Rettungsfonds soll helfen. Trotzdem bezeichnet Kanzlerin Merkel | |
Eurobonds als "Fehler". |