# taz.de -- Waffenkäufe in Zentralamerika: Das Ende der Genügsamkeit | |
> Nach Jahrzehnten der Zurückhaltung hat eine neue Aufrüstung in | |
> Zentralamerika begonnen. Die Generäle in Guatemala, Honduras und | |
> Nicaragua planen Waffenkäufe. | |
Bild: Zum Jahrestag des Friedensvertrages Ende Dezember 2011 wurde in Guatemala… | |
SAN SALVADOR taz | Zwei Jahrzehnte lang hielten sich die Generäle | |
Zentralamerikas zurück. Die Bürgerkriege in Nicaragua, El Salvador und | |
Guatemala wurden mit Friedensverträgen beendet, die Armeen radikal | |
verkleinert, die Verteidigungsetats schrumpften. Jetzt ist es vorbei mit | |
der Genügsamkeit. | |
Die guatemaltekische Armee kündigte an, sie werde für 166 Millionen | |
US-Dollar sechs neue brasilianische Aufklärungs- und Jagdbomber vom Typ | |
Super Tucano und drei Radarsysteme kaufen. Die honduranische Luftwaffe will | |
sich vier neue Super Tucanos leisten und auch in El Salvador wird ein | |
größerer Einkauf diskutiert. | |
Nicaraguas linker Präsident Daniel Ortega will da nicht außen vor bleiben. | |
"Wir brauchen Flugzeuge, um unseren Luftraum zu schützen", sagte er jüngst. | |
Selbst Costa Rica und Panama, zwei Länder ohne Armee, investieren in | |
Kriegsgerät: Panama rüstet elf Schiffe seiner Küstenwache militärisch auf, | |
Costa Rica will ein flächendeckendes Radarsystem aufbauen. | |
Die jüngste Aufrüstungsspirale verstärkt einen Trend, der sich seit drei | |
Jahren abzeichnet. Trotz Wirtschaftskrise und Austeritätspolitik wurden die | |
vorher eingefrorenen Verteidigungsausgaben in Guatemala und El Salvador in | |
dieser Zeit um knapp 30 Prozent erhöht, in Honduras gar verdreifacht. "Nach | |
dem Ende der Kriege hat die Region eine signifikante Demilitarisierung | |
erlebt", sagt Adam Isaacson, Zentralamerikaspezialist im linksliberalen | |
Washington Office on Latin America. "Das ändert sich jetzt radikal, vor | |
allem in Guatemala und Honduras, aber auch in El Salvador und Nicaragua." | |
## | |
## Waffen für den Krieg gegen Drogenkartelle | |
Als Begründung für die steigenden Ausgaben werden der Krieg gegen die | |
Drogenkartelle und die Gewalt in der Region angeführt. Im weltweiten | |
Durchschnitt werden pro 100.000 Einwohner jedes Jahr 8,8 Menschen ermordet. | |
In Honduras sind es 73, in El Salvador 71, in Guatemala 52. Seit Jahren | |
schon wird in diesen Ländern die Armee für polizeiliche Aufgaben eingesetzt | |
- ohne jeglichen Erfolg. | |
Niemand bezweifelt, dass sich die Drogenkartelle aus Mexiko mehr und mehr | |
auch in Zentralamerika festsetzen und dort staatliche Institutionen | |
korrumpieren und unterwandern. Allein in Guatemala sitzen drei ehemalige | |
nationale Polizeichefs wegen Verbindungen zu Drogenmafias in Haft. Doch es | |
ist mehr als nur zweifelhaft, ob die Armee die Kartelle aufhalten kann. In | |
Mexiko ließ Präsident Felipe Calderón seine Soldaten vor fünf Jahren gegen | |
die Drogenhändler aufziehen. Seither gab es über 42.000 Tote und die Gewalt | |
nimmt weiter zu. | |
## Die Waffen sind ungeeignet für polizeiliche Arbeit | |
Das jetzt bestellte Kriegsgerät jedenfalls ist für polizeiliche Arbeit | |
völlig ungeeignet und dient ausschließlich militärischen Zwecken. Dass der | |
Aufrüstungstrend nicht nur ein Land, sondern die ganze Region erfasst hat, | |
lässt sich weniger mit einer gemeinsamen Bedrohung erklären als mit einem | |
Reflex, den die Verantwortlichen für die jeweilige nationale | |
Sicherheitspolitik seit Jahrzehnten pflegen: Was der Nachbar hat, wollen | |
sie auch. Das Misstrauen zwischen den kleinen Ländern ist tief, | |
Grenzkonflikte sind keine Seltenheit. | |
Zuletzt stritten sich Nicaragua und Costa Rica letztes Jahr um ein | |
unbewohntes zwei Quadratkilometer großes Stück Land mitten im Dschungel. | |
Nicaragua schickte Soldaten, in Costa Rica wurde die Wiedereinführung einer | |
Armee diskutiert, die Regierung gab entlang der Grenze | |
Hubschrauberlandeplätze für die paramilitärische Polizei in Auftrag. Der | |
Konflikt soll nun vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag geklärt | |
werden. | |
2 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Toni Keppeler | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Justiz in Guatemala: Ehemaliger Diktator unter Hausarrest | |
Efraín Ríos Montt muss wegen Völkermord und Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit vor Gericht. Es geht um elf Massaker in Maya-Gemeinden und | |
Massenvergewaltigungen. | |
20 Jahre Friedensvertrag in El Salvador: "Nehmen, was die Gringos geben" | |
Dagoberto Gutiérrez unterzeichnete vor 20 Jahren als FMLN-Comandante den | |
Friedensvertrag. Viel hat sich seitdem nicht geändert in El Salvador, sagt | |
der Verfassungsrechtler. | |
Häftlingskampf in Mexiko: 31 Tote im Gefängnis Altamira | |
Während einer Revolte haben Gefängnisinsassen in Mexiko sich selbst | |
verprügelt. Als ihnen das nicht reichte, haben sie sich mit selbst | |
hergestellten Waffen bekämpft. | |
General wird Innenminister in El Salvador: Das Militär ist wieder da | |
Auf Druck der USA macht Präsident Mauricio Funes einen General zum | |
Innenminister. Er will das Militär in den Kampf gegen die Kriminalität | |
schicken. | |
Kommentar Wahlen in Zentralamerika: Der gescheiterte Aufbruch | |
Die Linkswende in Zentralamerika ist schon wieder am Ende. Dass sie so | |
schnell an Bedeutung verlor, hat die Linke größtenteils sich selbst | |
zuzuschreiben. | |
Illegale Adoptionen in Guatemala: Geraubt, verkauft, "adoptiert" | |
Zum ersten Mal fordert ein Gericht die Rückgabe eines aus Guatemala in die | |
USA verkauften Mädchens. Solche illegalen Adoptionen sind ein | |
Millionengeschäft. | |
El Salvador: Kriegsverbrecher in der Kaserne | |
9 ranghohe salvadorianische Militärs suchen Zuflucht im Schoß der Armee. In | |
Spanien sollen sie wegen eines Massakers an Jesuiten vor Gericht gestellt | |
werden. | |
Kriegsverbrecherprozess in Guatemala: Wacklige Aufklärung | |
In Guatemala beginnt ein Kriegsverbrecherprozess. Doch die Aufarbeitung ist | |
noch immer schwierig, es gibt eine Schmutzkampagne gegen Uno-Mitarbeiter. |