# taz.de -- Kriegsverbrecherprozess in Guatemala: Wacklige Aufklärung | |
> In Guatemala beginnt ein Kriegsverbrecherprozess. Doch die Aufarbeitung | |
> ist noch immer schwierig, es gibt eine Schmutzkampagne gegen | |
> Uno-Mitarbeiter. | |
Wie ist das möglich? Guatemala, ein Land mit notorischer Straflosigkeit und | |
korrupter Justiz, wird plötzlich das Musterland für die gerichtliche | |
Aufarbeitung von Kriegsverbrechen im Zentralamerika. Am Montag begann der | |
Prozess gegen vier Beteiligte an einem der grausigsten Massaker des | |
Bürgerkriegs. Am Tag zuvor wurde ein ehemaliger Polizeichef wegen Folter | |
und Mord verhaftet. Einen Monat zuvor kam ein ehemaliger Generalstabschef | |
wegen Völkermord in Untersuchungshaft. | |
Zwei Gründe können die erfreuliche Entwicklung erklären: Zum einen gibt es | |
die Uno-Kommission gegen die Straffreiheit (Cicig), so etwas wie | |
Staatsanwälte mit Blauhelmen. Sie soll aufdecken, wie die Mörder von damals | |
bis heute in Politik und Gesellschaft ihre Rollen spielen. Das Engagement | |
der Cicig ermutigt die wenigen aufrechten Richter und Staatsanwälte, die es | |
trotz allem in Guatemala gibt. | |
Zum anderen haben diese Richter und Staatsanwälte nur noch wenig Zeit. Am | |
11. September wird ein neuer Präsident gewählt. Favorit ist der rechte | |
General Otto Pérez Molina, und es gilt als nahezu sicher, dass er gewinnt. | |
Auch er wird mit Kriegsverbrechen in Verbindung gebracht. Sollte er | |
gewinnen, dürfen seine Kumpane von früher wieder damit rechnen, dass alles | |
so bleibt, wie es bis vor Kurzem war. | |
Was geschehen kann, deutet sich jetzt schon an. Der Verband der Richter hat | |
eine Schmutzkampagne gegen Francisco DallAnese, den Vorsitzenden der Cicig, | |
gestartet. Der Mann müsse das Land verlassen, weil er das Justizsystem | |
verunglimpfe. Präsident Pérez Molina kann die Kampagne zum Anlass nehmen, | |
das Mandat der Uno-Staatsanwälte einfach nicht zu verlängern. Dann wäre der | |
neue Schwung wieder dahin. Es wird viel internationaler Druck nötig sein, | |
damit die Aufarbeitung der dunklen Vergangenheit in Guatemala weitergehen | |
kann. | |
25 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Toni Keppeler | |
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