# taz.de -- Justiz in Guatemala: Ehemaliger Diktator unter Hausarrest | |
> Efraín Ríos Montt muss wegen Völkermord und Verbrechen gegen die | |
> Menschlichkeit vor Gericht. Es geht um elf Massaker in Maya-Gemeinden und | |
> Massenvergewaltigungen. | |
Bild: Angehörige von Opfern eines Massakers in einer Maya-Gemeinde während de… | |
SAN SALVADOR taz | 30 Jahre nach den Massakern ist es endlich so weit: Eine | |
Richterin hat am Donnerstagabend in Guatemala-Stadt ein Verfahren gegen den | |
Exmilitärdiktator Efraín Ríos Montt eröffnet. Der Vorwurf: Völkermord und | |
Verbrechen gegen die Menschlichkeit. | |
Der 85-Jährige wurde bis Prozessbeginn unter Hausarrest gestellt. Es geht | |
um die Militäroperationen Victoria 82 und Firmeza 83 in den Maya-Gemeinden | |
San Juan Cotzal, San Gaspar Chajúl und Santa María Nebaj in der Provinz | |
Quiché. Dort waren 1982 und 1983 von der Armee in elf Massakern 1.171 | |
Menschen ermordet und 1.485 Frauen vergewaltigt worden. Schwangeren war der | |
Leib aufgeschnitten, ihre Föten zerstückelt worden. | |
Die Staatsanwaltschaft wirft Ríos Montt vor, er habe diese Verbrechen | |
"entworfen, geplant, genehmigt und überwacht". Richterin Carol Flores | |
sagte, der Exstaatschef sei bei den Verbrechen zwar nicht vor Ort gewesen, | |
aber "auf Grund der militärischen Befehlskette umfassend über die | |
Ausführung seiner Pläne informiert gewesen". | |
Insgesamt wurden während seiner Amtszeit über 400 Maya-Dörfer zerstört. Die | |
Staatsanwaltschaft muss nun bis zum 27. März formell Anklage einreichen. | |
## Montt schweigt | |
Die Klage war bereits im Jahr 2000 von Menschenrechtsorganisationen | |
angestrengt worden. Als Parlamentsabgeordneter der rechten | |
"Republikanischen Guatemaltekischen Front" aber war der Exdiktator vor | |
strafrechtlicher Verfolgung geschützt. Seine Immunität endete mit seinem | |
Ausscheiden aus dem Parlament am 14. Januar dieses Jahres. | |
Vor Gericht präsentierte sich Ríos Montt als alter Mann, der mühsam spricht | |
und schlecht hört. Aufgefordert, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, sagte | |
er nur: "Ich ziehe vor zu schweigen." Im Gerichtssaal und davor hatten sich | |
rund 500 Angehörige der Opfer versammelt. Sie feierten die Entscheidung der | |
Richterin mit einem Feuerwerk. | |
Auch die Staatsanwaltschaft scheint es nun die Aufarbeitung der schlimmsten | |
Verbrechen im Bürgerkrieg (1960 bis 1996) ernst zu nehmen. Im August 2011 | |
wurden erstmals vier Soldaten zu je 6.060 Jahren Haft verurteilt. Sie waren | |
1982 an einem Massaker in einer Maya-Gemeinde mit 200 Toten beteiligt. | |
Im Prozess gegen Ríos Montt kann auch die Rolle des heutigen Präsidenten | |
und Exgenerals Otto Pérez Molina zur Sprache kommen. Er war damals als | |
Oberstleutnant in jener Gegend stationiert, in der die zur Verhandlung | |
stehenden Massaker stattgefunden haben. | |
27 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Cecibel Romero | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Justiz in Guatemala: 70 Jahre Haft für Folter und Mord | |
In Guatemala wurde der Chef eines Spezialkommandos der Polizei verurteilt. | |
Er ließ im Bürgerkrieg einen Studenten foltern und dann verschwinden. | |
Guatemala verweigert Opferentschädigung: Menschenrechte sind zu teuer | |
Die rechte Regierung in Guatemala geht eigene Wege. Sie will keine Urteile | |
des Interamerikanischen Menschengerichtshofs für die Zeit des Bürgerkriegs | |
vor 1987 mehr akzeptieren. | |
Lynchjustiz in Guatemala: Als sie den Polizisten verbrannten | |
Nirgends auf der Welt werden so viele Menschen umgebracht wie in Guatemala. | |
Und nirgends werden so viele Menschen gelyncht. Was hat das mit den Maya zu | |
tun? | |
Amtsantritt des Präsidenten in Guatemala: Versöhnung mit martialischen Mitteln | |
Ex-Geheimdienstchef Otto Pérez Molina beruft in seine neue Regierung vor | |
allem Militärs mit berüchtigter Vergangenheit. Die sollen die Kriminalität | |
beenden. | |
Waffenkäufe in Zentralamerika: Das Ende der Genügsamkeit | |
Nach Jahrzehnten der Zurückhaltung hat eine neue Aufrüstung in | |
Zentralamerika begonnen. Die Generäle in Guatemala, Honduras und Nicaragua | |
planen Waffenkäufe. | |
Kommentar Wahlen in Zentralamerika: Der gescheiterte Aufbruch | |
Die Linkswende in Zentralamerika ist schon wieder am Ende. Dass sie so | |
schnell an Bedeutung verlor, hat die Linke größtenteils sich selbst | |
zuzuschreiben. | |
Pérez Molina gewinnt Präsidentenwahl: Ein General für Guatemala | |
Otto Pérez Molina gewinnt die Stichwahl ums Präsidentenamt von Guatemala. | |
Menschenrechtler befürchten eine Militarisierung wie im mexikanischen | |
Drogenkrieg. | |
Aufarbeitung in Guatemala: 7710 Jahre Haft für 256 Morde | |
Auch unter einem General als Präsidenten geht die Aufarbeitung des | |
Bürgerkriegs weiter. Fünf ehemalige Paramilitärs werden für | |
Kriegsverbrechen verurteilt. |