# taz.de -- Guatemala verweigert Opferentschädigung: Menschenrechte sind zu te… | |
> Die rechte Regierung in Guatemala geht eigene Wege. Sie will keine | |
> Urteile des Interamerikanischen Menschengerichtshofs für die Zeit des | |
> Bürgerkriegs vor 1987 mehr akzeptieren. | |
Bild: Die Opfer des 36 Jahre dauernden Bürgerkriegs sollen leer ausgehen. | |
SAN SALVADOR taz | Nachdem Hugo Chávez, der linkspopulistische Präsident | |
von Venezuela, vor zwei Wochen angekündigt hat, sein Land werde sich nicht | |
mehr der Gerichtsbarkeit des Interamerikanischen Menschenrechtsgerichts | |
(CIDH) unterwerfen, will nun Guatemalas rechtspopulistischer Präsident Otto | |
Pérez Molina Ähnliches tun. | |
Seine Regierung werde Urteile des CIDH nicht mehr respektieren, wenn die | |
sich auf Verbrechen beziehen, die vor 1987 begangen wurden. Die | |
Entschädigungen, die dieses Gericht den Opfern staatlicher | |
Menschenrechtsverletzungen zuspreche, seien einfach zu teuer, sagte | |
Friedensminister Antonio Arenales Ende vergangener Woche. | |
Es gehe nicht an, dass der CIDH ein „paralleles Entschädigungsprogramm“ f�… | |
die Opfer des Bürgerkriegs (1960 bis 1996) betreibe, sagte Arenales bei | |
einer Anhörung des Menschenrechtsgerichts in Costa Rica. Guatemala hat | |
Bürgerkriegsopfer mit bislang umgerechnet gut 9 Millionen Euro entschädigt. | |
Die Höchstgrenze für eine Familiengruppe liegt bei diesem nationalen | |
Versöhnungsprogramm bei knapp über 4.000 Euro. Die zwölf bislang ergangenen | |
Urteile des CIDH dagegen kosteten den Staat rund 17 Millionen Euro. | |
## 85 Fälle laufen noch | |
In den nächsten Wochen werden die Urteile zu einem Armeemassaker und dem | |
Wüten einer militärischen Todesschwadron erwartet. Wegen der Anzahl der | |
Opfer wird angenommen, dass der Staat in diesen beiden Fällen zu | |
Entschädigungen von rund 15 Millionen Euro verurteilt wird. 85 Fälle sind | |
noch anhängig. Friedensminister Arenales meint, rechtlich auf der sicheren | |
Seite zu sein: Guatemala ist erst 1987 dem interamerikanischen | |
Menschenrechtssystem beigetreten. Vorher begangene Straftaten fielen also | |
nicht in die Kompetenz des CIDH. Zudem könnten sie wegen einer Amnestie von | |
1996 nicht verfolgt werden. | |
Nicht amnestierbare Verbrechen gegen die Menschlichkeit habe es im | |
Bürgerkrieg nicht gegeben, weil dieser Straftatbestand erst danach ins | |
guatemaltekische Strafrecht aufgenommen worden sei. Und „einen Völkermord | |
hat es nie gegeben“. Die Wahrheitskommission der UNO hatte in ihrem Bericht | |
von 1999 das Gegenteil konstatiert. | |
Die Regierung will nun beim Verfassungsgericht ein Rechtsgutachten in | |
Auftrag geben. „Wenn das vorliegt und meine Auffassung bestätigt, können | |
wir Urteile vom Interamerikanischen Menschenrechtsgericht einfach | |
ignorieren“, sagte Arenales. | |
6 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Cecibel Romero | |
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