| # taz.de -- EU und die Mercosur-Staaten: Neuer Freihandelsversuch | |
| > Pünktlich zum Mercosur-Jubiläum unternehmen die Südamerikaner den ersten | |
| > ernsthaften Anlauf, mit der EU über ein Abkommen zu verhandeln. | |
| Bild: Handel bringt Wandel. Vielleicht | |
| BERLIN taz | Einst mit hohen Erwartungen der Freihandelsbefürworter | |
| gestartet, dümpelt der gemeinsame südamerikanische Markt Mercosur auch nach | |
| 25 Jahren eher vor sich hin. Doch ausgerechnet zu seinem Jubiläum in diesem | |
| Frühjahr gibt es Bewegung: Die EU und der Mercosur zeigen Bereitschaft, | |
| erstmals ernsthaft über ein Freihandelsabkommen der beiden | |
| Wirtschaftsblöcke zu verhandeln. | |
| Der Mercosur umfasst rund 300 Millionen Einwohner und eine | |
| Wirtschaftsleistung von umgerechnet etwa 3 Billionen Euro. Im Frühjahr 1991 | |
| hatten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay das Abkommen | |
| unterzeichnet. 2012 kam Venezuela hinzu, die meisten Nachbarstaaten haben | |
| Beobachterstatus. Wie die Europäische Union sollten die Länder | |
| zusammenwachsen und sukzessive weitere Staaten des Subkontinents | |
| integrieren. Doch die Erfolgsbilanz ist mager. Vor allem ökonomisch spielt | |
| die Gemeinschaft kaum eine Rolle. | |
| Gerade Brasilien und Argentinien, die eine dominierende Rolle innehaben, | |
| geraten immer wieder wegen protektionistischer Barrieren aneinander, statt | |
| das Ziel der Süd-Süd-Integration voranzutreiben. In der Automobilbranche | |
| gibt es einen regelrechten Wirtschaftskrieg mit gegenseitigen Klagen. | |
| Nicht einmal die ähnliche politische Orientierung, die die Kernländer bis | |
| zum Wahlsieg der Konservativen in Argentinien im November 2015 teilten, | |
| stärkte die Idee regionaler Integration gegenüber der Unterordnung unter | |
| die Handelsinteressen der besser organisierten Industriestaaten im Norden. | |
| Anders als die liberal regierten Staaten Kolumbien und Peru, die in | |
| Einzelabkommen und zuletzt mit der Pazifischen Allianz trotz interner | |
| Proteste auf Freihandel setzen, plädierten die eher links regierten Länder | |
| lediglich für eine Stärkung des Binnenmarktes, ohne gemeinsam an einem | |
| Strang zu ziehen. | |
| Konkrete Auswirkungen hat die regionale Integration eher im politischen | |
| Bereich. Die zuletzt noch deutlicher formulierten Demokratieklauseln im | |
| Mercosur-Abkommen kamen zum Einsatz, als der Präsident Paraguays durch | |
| einen weichen Putsch aus dem Amt getrieben wurde. Die Mitgliedschaft | |
| Paraguays ruhte 2012 monatelang. Auch jetzt, wo konservative Parteien die | |
| gewählte Präsidentin Brasiliens in einem umstrittenen Verfahren stürzen | |
| wollen, signalisierten die Mercosur-Staaten, dass ein Bruch demokratischer | |
| Spielregeln Konsequenzen haben würde. | |
| ## Kirchner abgesetzt | |
| Die Ablösung der eigensinnigen Kirchner-Regierungen in Argentinien durch | |
| den neoliberal ausgerichteten Präsidenten Mauricio Macri hat zumindest | |
| Schwung in die festgefahrenen Verhandlungen mit der EU gebracht. | |
| „Argentinien und Brasilien haben großes Interesse an dieser Integration, | |
| die eine Chance für ökonomische Expansion darstellt“, sagt Argentiniens | |
| Außenministerin Susana Malcorra. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini | |
| stimmt zu: „Jetzt können wir die gegenseitigen Beziehungen vertiefen.“ | |
| Einfach wird das nicht. Die Streitlinien sind ähnlich wie in der | |
| Welthandelsorganisation WTO: Die Südländer wollen ihre Agrarprodukte | |
| exportieren und fordern, die Barrieren im Norden abzuschaffen. Die | |
| Industriestaaten wollen bessere Investitionsbedingungen und | |
| Dienstleistungen exportieren. Der Mercosur signalisierte bereits, 93 | |
| Prozent der Produktpalette für Importe aus der EU zu öffnen. | |
| Auf Augenhöhe verhandeln werden sie nicht: Während der Mercosur für Europa | |
| gerade mal der achtwichtigste Markt ist, stellt die EU für ihn umgekehrt | |
| den Partner Nummer eins dar, noch vor den USA und China. | |
| 13 Apr 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Behn | |
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