# taz.de -- Aufarbeitung in Guatemala: 7710 Jahre Haft für 256 Morde | |
> Auch unter einem General als Präsidenten geht die Aufarbeitung des | |
> Bürgerkriegs weiter. Fünf ehemalige Paramilitärs werden für | |
> Kriegsverbrechen verurteilt. | |
Bild: Angehörige der Opfer des Massakers in Plan de Sanchez im Gerichtssaal. | |
BERLIN taz | Jeweils 7710 Jahre Haft wegen Kriegsverbrechen lautete das | |
Urteil für fünf ehemalige Paramilitärs am Dienstag in Guatemala. Das | |
Gericht sah es als erwiesen an, dass die fünf am 18. Juli 1982 an einem | |
Massaker in der Maya-Gemeinde Plan de Sánchez im Norden des Landes | |
beteiligt waren. An diesem Tag waren 256 Kinder, Frauen und Männer in | |
diesem Dorf von einer Einheit der von der Armee kontrollierten „Zivilen | |
Selbstverteidigungspatrouillen“ erschlagen worden. | |
Frauen und Mädchen waren von den Tätern zuvor vergewaltigt worden. Die | |
Leichen wurden später verbrannt. Die Paramilitärs hatten die Dorfbewohner | |
verdächtigt, die in der Gegend operierende linke Guerilla zu unterstützen. | |
Richterin Jazmín Barrios sprach von einem „perversen Verbrechen“. Sie habe | |
für jeden der Morde eine Strafe von 30 Jahren Haft verhängt, dazu noch | |
einmal 30 Jahre wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das hohe | |
Strafmaß ist, abgesehen von seiner Absurdität, eher von symbolische | |
Bedeutung: In Guatemala darf niemand länger als 50 Jahre in Haft gehalten | |
werden. | |
Das Massaker von Plan de Sánchez ist nur eines von über 600, die von Armee | |
und Paramilitärs während des Bürgerkriegs (1960 bis 1996) verübt worden | |
sind. Die Täter konnten sich lange in Sicherheit wiegen. Zwar hatte der | |
interamerikanische Menschenrechtsgerichtshof den in dieser Sache untätigen | |
Staat in einem Urteil von 2004 zu Ermittlungen verpflichtet. Die aber gab | |
es erst, nachdem im Dezember 2010 die Juristin Claudia Paz y Paz das Amt | |
der Generalstaatsanwältin angetreten hatte. | |
Die fünf jetzt Verurteilten waren im August vergangenen Jahres verhaftet | |
worden. Wegen eines anderen Massakers von 1982 waren bereits im August und | |
Anfang März fünf Militärs zu Haftstrafen von jeweils 6060 Jahren verurteilt | |
worden. Ob die damals verantwortlichen Befehlshaber - der ehemalige | |
Diktator Efraín Ríos Montt, sein Generalstabschef Héctor López und sein | |
Geheimdienstchef José Rodríguez - ebenfalls vor Gericht zur Verantwortung | |
gezogen werden, soll in der kommenden Woche entschieden werden. | |
Auch der heutige Präsident und ehemalige General Otto Pérez Molina wird mit | |
Massakern in dieser Zeit in Verbindung gebracht. Man hatte deshalb | |
erwartet, dass er nach seinem Amtsamtritt im Januar die | |
Generalstaatsanwältin entlassen würde, um die vorher übliche Straflosigkeit | |
wieder herzustellen. Bislang aber sagt Pérez Molina, er werde Paz y Paz im | |
Amt belassen, solange sie gute Arbeit leiste. | |
1 Jan 1970 | |
## AUTOREN | |
Toni Keppeler | |
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