# taz.de -- Kommentar Wahlen in Zentralamerika: Der gescheiterte Aufbruch | |
> Die Linkswende in Zentralamerika ist schon wieder am Ende. Dass sie so | |
> schnell an Bedeutung verlor, hat die Linke größtenteils sich selbst | |
> zuzuschreiben. | |
Es ist noch keine drei Jahre her, da wurden die einstigen | |
Bürgerkriegsländer Zentralamerikas links oder sozialdemokratisch regiert. | |
Ein heißer Schauplatz des Kalten Kriegs folgte nicht mehr den USA, sondern | |
orientierte sich an der Linkswende Südamerikas. | |
Das ist Vergangenheit. Zuerst wurde der Aufbruch in Honduras beim Putsch im | |
Juni 2009 erstickt. In El Salvador hat sich Präsident Mauricio Funes, | |
gewählt als Hoffnungsträger auf dem Ticket der ehemaligen Guerilla der | |
FMLN, als Freund des Finanzkapitals entpuppt. | |
In Nicaragua wurde bei der Wahl vom Sonntag mit Daniel Ortega zwar ein | |
nominell Linker im Präsidentenamt bestätigt. Doch der Sandinist ist schon | |
lange kein Mann des Aufbruchs mehr. Als selbstherrlicher Machtpolitiker | |
führt er das Land zurück in eine Vergangenheit, in der es wie eine | |
Familien-Finca regiert wurde. | |
In Guatemala ist mit Álvaro Colom der erste Sozialdemokrat im | |
Präsidentenamt seit dem Militärputsch von 1954 an seiner eigenen | |
Zögerlichkeit gescheitert und an der Eitelkeit seiner Frau. Er traute sich | |
nicht, sein wichtigestes Wahlkampfversprechen – eine Steuerreform – in die | |
Tat umzusetzen. | |
Hätte er die wenigen superreichen Familien des Landes zur Kasse gebeten, | |
hätte er die Mittel gehabt, um die drängendsten Probleme anzugehen: Armut | |
und Kriminalität. Statt dessen widmete er sich dem sinnlosen Unterfangen, | |
seine Frau Sandra Torres als Nachfolgerin zu promovieren. Die Verfassung | |
Guatemalas verbietet die Wahl eines nahen Verwandten des Präsidenten und so | |
stand die gemäßigte Linke am Ende ohne Kandidat/in da. Das Volk hatte in | |
der Stichwahl zwischen rechts und rechts zu entscheiden. | |
Ausgerechnet ein General mit dunkler Vergangenheit im Bürgerkrieg hat | |
gewonnen – das deutlichste Zeichen für den gescheiterten Aufbruch der | |
Linken in Zentralamerika. Dass sie so schnell an Bedeutung verlor, hat sie | |
- mit der Ausnahme von Honduras – sich selbst zuzuschreiben. | |
7 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Toni Keppeler | |
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