# taz.de -- Arabische Beobachter in Syrien: Die Mission "erleichtert das Töten" | |
> Einer der Beobachter der Arabischen Liga in Syrien hat aus Protest das | |
> Land verlassen. Die Türkei und Zypern stoppen indes militärische | |
> Lieferungen aus Russland und Iran an Assad. | |
Bild: Protestierende Frauen und Kinder in Homs. | |
BEIRUT/ISTANBUL rtr/dpa | Ein Mitglied des Beobachter-Teams der Arabischen | |
Liga in Syrien hat aus Protest gegen die dort herrschende Gewalt das Land | |
verlassen. Die EU, die USA und die Türkei haben Waffenembargos gegen Syrien | |
verhängt, doch Russland und der Iran liefern weiter Militärmaterial an das | |
Regime. | |
Der Beobachter sei Zeuge fürchterlicher Szenen geworden und habe diese | |
nicht verhindern können, sagte der aus Algerien stammende Beobachter Anwar | |
Malek am Mittwoch im Fernsehsender Al-Dschasira. | |
Durch seine Tätigkeit habe er es dem Regime von Präsident Baschar al-Assad | |
erleichtert, mit dem Töten weiterzumachen. "Ich war mehr als 15 Tage im | |
Homs ... ich habe Horrorszenen gesehen, verbrannte Körper ... ich kann mein | |
Mitgefühl in dieser Lage nicht zurückstellen", sagte Malek. | |
Malek kritisierte auch den Chef des Beobachter-Teams, den sudanesischen | |
General Mohammed al-Dabi. Dieser versuche einen Mittelkurs zu fahren, um | |
weder die Regierung noch irgendeine andere Seite gegen sich aufzubringen. | |
Die Eignung Al-Dabis für die Aufgabe wurde bereits von | |
Menschenrechtsgruppen wegen dessen Rolle beim Konflikt in der sudanesischen | |
Unruheprovinz Darfur in Frage gestellt. | |
## Schiff vor Zypern gestoppt | |
Die EU, die USA und die Türkei haben Waffenembargos gegen Syrien verhängt, | |
doch Russland und der Iran liefern weiter Militärmaterial an das Regime. | |
Vor der Küste Zyperns wurde jetzt ein Schiff gestoppt, das Munition aus | |
Russland nach Syrien bringen sollte. Die Türkei fand an ihrer Grenze zu | |
Syrien verdächtige Lastwagen aus dem Iran, die angeblich mit Waffen beladen | |
waren. | |
Das Schiff habe nach einer gründlichen Prüfung die Erlaubnis zur | |
Weiterfahrt erhalten, teilte Regierungssprecher Stefanos Stefanou am | |
Mittwoch im zyprischen Rundfunk mit. Allerdings werde der Kapitän nun nicht | |
Syrien ansteuern, sondern ein anderes Ziel. | |
Zuvor hatte der libanesische Radiosender Radio Free Libanon berichtet, das | |
Schiff, das aus St. Petersburg gekommen sei, habe 60 Tonnen Munition an | |
Bord gehabt und sei auf dem Weg zum syrischen Hafen Latakia gewesen. Das | |
Schiff heißt nach Angaben des zyprischen Außenministeriums "Chariot" und | |
fährt unter der Flagge von St. Vincent und den Grenadinen. Es lag vor | |
kurzem noch vor Limassol. | |
Der Kapitän des mit Munition beladenen Schiffes hatte den Hafen von | |
Limassol ursprünglich gar nicht ansteuern wollen. Ein Sturm, durch den er | |
viel Treibstoff verlor, zwang ihn jedoch laut Informationen aus Zypern | |
dazu, mit der "Chariot" in den Hafen einzulaufen. | |
## Lastwagen aus dem Iran | |
Russland ist neben dem Iran der wichtigste Verbündete des Regimes von | |
Präsident Baschar al-Assad, der seit März mit Gewalt gegen Demonstranten | |
vorgeht. Die Provinz Latakia gilt als Hochburg der Assad-Anhänger, so dass | |
nicht davon auszugehen ist, dass es sich bei der Munition für eine | |
Lieferung an die Deserteure der "Freien Syrischen Armee" handelt. | |
Türkische Zöllner stoppten unterdessen vier iranische Lastwagen wegen | |
Verdachts auf eine Lieferung von Militärmaterial nach Syrien. Die Fahrzeuge | |
würden nun von Experten untersucht, bestätigte ein Sprecher des | |
Außenministeriums in Ankara am Mittwoch. | |
Türkische Medien berichteten über Hinweise, wonach sich in den am | |
Grenzübergang Öncüpinar beschlagnahmten Lastwagen Sprengstoff und Waffen | |
befinden. Die Ladung wurde zu einer genauen Überprüfung nach Ankara | |
geschickt. | |
Nach Angaben syrischer Regimegegner wurden am Mittwoch sechs Menschen von | |
den Sicherheitskräften getötet. Am Dienstag soll es landesweit 43 Tote | |
gegeben haben. Assad hatte in einer Ansprache am Dienstag erklärt, er wolle | |
weiter mit harter Hand gegen die "Terroristen" vorgehen. Er denke nicht an | |
Rücktritt. Der Aufstand gegen sein Regime sei eine Verschwörung | |
ausländischer Mächte. | |
11 Jan 2012 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Beobachtermission in Syrien: Arabische Liga zieht sich zurück | |
Die Arabische Liga hat angekündigt keine Beobachter mehr nach Syrien zu | |
schicken. Zuvor war ein algerischer Beobachter zurückgetreten, weil das | |
Regime friedliche Demonstranten töte. | |
Gewalt in Syrien: Westlicher Journalist angeblich getötet | |
Offenbar ist ein Fernsehjournalist in der syrischen Stadt Homs getötet | |
worden. Er soll für einen französischen Sender gearbeitet haben. Seine | |
Nationalität ist unklar. | |
Kommentar Syrien: Mit eiserner Faust | |
Assad will den Eindruck vermitteln, dass er der Einzige ist, der eine | |
Deeskalation bewirken kann. Tatsächlich macht er das Gegenteil. Das | |
Blutvergießen wird weitergehen. | |
Assad spricht zum Volk: An einen Rücktritt denkt er nicht | |
Präsident al-Assad sprach am Dienstag im Staats-TV über die Unruhen. Es sei | |
"ersichtlich", dass Syrien "einer Verschwörung" zum Opfer fallen soll. | |
Reformen wollte er schon immer. | |
Balanceakt zwischen Syrien und Iran: Ankaras Angst vor den Fronten | |
Nach dem Besuch des US-Vize-Außenministers lehnt die türkische Regierung | |
Sanktionen gegen Iran ab. Zu groß ist die Angst, es sich mit den Nachbarn | |
zu verscherzen. | |
Anschlag in Damaskus: War es Al-Qaida oder Al-Assad? | |
Eine Bombe tötet 25 Menschen. Einen Tag bevor die Arabische Liga ihre | |
Beobachtermission in Syrien auswerten will. Ihr Versuch, die Gewalt | |
einzudämmern, scheint gescheitert. | |
Kommentar Beobachtermission in Syrien: Die Gewalt eskaliert weiter | |
Die Beobachter in Syrien trifft zu Recht der Vorwurf, sich für taktische | |
Manöver in Dienst nehmen zu lassen. Ihre Mission kann schon jetzt als | |
gescheitert gelten. |