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# taz.de -- Anschlag in Damaskus: War es Al-Qaida oder Al-Assad?
> Eine Bombe tötet 25 Menschen. Einen Tag bevor die Arabische Liga ihre
> Beobachtermission in Syrien auswerten will. Ihr Versuch, die Gewalt
> einzudämmern, scheint gescheitert.
Bild: Der Stadtteil al-Midan war bislang nicht für Blutvergießen, sondern fü…
BERLIN taz | Einen Tag bevor die Arabische Liga eine Zwischenbilanz ihrer
Beobachtermission in Syrien ziehen will, ist in der Hauptstadt Damaskus am
Freitag eine Bombe explodiert. Berichten zufolge wurden 25 Menchen getötet
und mehr als 50 verletzt, als sich vor einem Polizeibus im zentralen
Viertel Midan ein Selbstmordattentäter in die Luft sprengte, wie es in
offiziellen Angaben heißt. Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt. Doch
der Vorfall weist Parallelen zu einem Doppelanschlag am 23. Dezember auf,
bei dem 44 Menschen starben.
Ob Terroristen die Täter waren, wie das Regime behauptet, lässt sich nicht
prüfen. Viele oppositionelle Aktivisten glauben, dass das Regime die
Attentate inszeniert, um sich als Opfer darzustellen. "Ich bin hundert
Prozent überzeugt, dass es das Regime war", sagt Omar al-Thani, ein
Aktivist in Damaskus. "Sie wollen den Beobachtern eine Botschaft
übermitteln: Kommt und seht, was al-Qaida in Syrien tut."
Andere Oppositionelle sind sich nicht so sicher: "Vor zwei Wochen habe ich
noch geglaubt, dass das Regime hinter den Anschlägen steckt", sagt Tareq,
ein ortsansässiger Demonstrant. "Aber in letzter Zeit gibt es viel Gerede
über junge Männer, die sich danach sehnen, solche Operationen
durchzuführen, weil sie nicht mehr glauben, dass Demonstrationen zum Sturz
des Regimes führen werden, und weil die internationale Gemeinschaft nichts
tut."
Der Zeitpunkt der Anschläge ist jedenfalls auffällig: Am Tag vor
Weihnachten trafen in Syrien die arabischen Beobachter ein; nun stehen
Beratungen über den bisherigen Verlauf der Mission bevor. Die Delegation
ist zuletzt massiv in die Kritik geraten; es gibt erhebliche Zweifel an der
Objektivität sowie an der Fähigkeit der Beobachter, die Situation
angemessen zu erfassen.
## In der Liga wächst das Unbehagen
Deswegen will die Arabische Liga die Mission am Wochenende unter die Lupe
nehmen. Die Beobachter sollten dazu beitragen, eine friedliche Lösung für
den Konflikt zu finden. Stattdessen aber hat die Gewalt seit ihrer Ankunft
eher noch zugenommen: Mehr als 300 Zivilisten sind nach Angaben von
Aktivisten in den vergangenen zwei Wochen getötet worden. Mittlerweile
wächst auch in der Liga selbst das Unbehagen. Die Organisation habe "einige
Fehler" bei der Mission begangen, räumte Katars Regierungschef Scheich
Hamad bin Dschassem at-Thani ein und bat bei der UNO um Unterstützung.
Vor allem der Missionsleiter, der sudanesische General Mustafa al-Dabi, hat
die Glaubwürdigkeit der Arabischen Liga in den Augen der syrischen
Protestbewegung beschädigt: Nach einem ersten Besuch in der Protesthochburg
Homs sagte er, die Lage dort sei "stellenweise etwas durcheinander",
allerdings habe er "nichts Beängstigendes" gesehen. Zuletzt bestritt er die
Aussage eines anderen Beobachters, dass in der südlichen Stadt Daraa
Scharfschützen zu sehen seien.
"Wir trauen den Beobachtern nicht", sagt Omar Shakir, ein Aktivist aus
Homs. "Wir glauben, dass diese Mission ein Manöver ist, um dem Regime mehr
Zeit zu geben, die Proteste zu ersticken."
Anfangs berichteten Aktivisten in verschiedenen Städten übereinstimmend vom
Desinteresse der Beobachter, von kurzen Besuchen und mangelnder
Bereitschaft zu Gesprächen mit Anwohnern. Das scheint sich in dieser Woche
zumindest in einigen Fällen gebessert zu haben. "Sie kamen am Dienstag in
mein Büro, al-Dabi und vier weitere Beobachter", schildert Abu Omar, ein
Menschenrechtler in der Stadt Hama. "Sie schienen freundlich und sahen sich
meine Unterlagen in Ruhe an."
Gleichzeitig häufen sich Berichte, dass das Regime gezielt versucht, die
Beobachter in die Irre zu führen: "Ich habe gesehen, dass sie das
Straßenschild vor meinem Haus ausgetauscht haben", sagt Abu Omar. "Meine
Straße liegt in einer ruhigen Gegend, doch sie wollten der Delegation
weismachen, dass dies eines der aufständischen Viertel sei."
Armeefahrzeuge sollen umlackiert und mit Polizeischildern markiert worden
sein, um einen Abzug des Militärs aus den Städten vorzutäuschen, wie es der
Friedensplan der Arabischen Liga vorgibt. Am Freitagmorgen hätten
Sicherheitskräfte nahe Damaskus sogar ein Beobachterteam angegriffen,
berichtete der Sender al-Arabija. Die Mission hat den Vorfall bislang nicht
bestätigt.
6 Jan 2012
## AUTOREN
Gabriela M. Keller
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