# taz.de -- "Bild", taz und Wulff: Aufklären – ohne Witz | |
> Die "Bild" befasst sich mit ihrer Rolle in der Wulff-Affäre. Der | |
> Chefredakteur verspricht Antworten. An wen gab er die Mailbox-Nachricht | |
> des Bundespräsidenten weiter? | |
Bild: Für ihn läuft's wie geschmiert: "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann. | |
BERLIN taz | Kai Diekmann, Chefredakteur der Bild, hat Humor. Vielleicht | |
ist damit schon das Freundlichste gesagt über den "wichtigsten Journalisten | |
des Landes", wie er sich selbst in einer Mail an die taz nennt. Er meint | |
das ironisch, versteht sich. Oder halb-ironisch. | |
Am Freitag schickte die taz Kai Diekmann einen Fragenkatalog zur Rolle | |
seiner Zeitung in der Mailbox-Affäre um Bundespräsident Christian Wulff: | |
Wann gab Diekmann den Inhalt der Mailbox an wen weiter? Und wie? Als | |
Tondokument oder in schriftlicher Form? Warum fragt Kai Diekmann den | |
Bundespräsidenten um Erlaubnis zur Veröffentlichung, obwohl Bild-Redakteure | |
bereits Teile der Nachricht verbreiten? | |
Diekmann reagiert mit einer Wulff-Imitation, sie kursiert inzwischen im | |
Internet. Und dem Versprechen, die Fragen bis zum Montagnachmittag zu | |
beantworten. | |
Warum die Anfrage? Der Bild-Chef ist längst nicht mehr Beobachter in der | |
Affäre Wulff. Sondern Akteur: Er bestimmt die Geschwindigkeit der Affäre | |
mit, er taktet die Weitergabe der Mailbox-Details. Mit wachsendem Einfluss | |
muss sich Diekmann Fragen gefallen lassen, fast wie ein Politiker. Der | |
einzige Unterschied: Er ist nicht gewählt. Doch das sollte ihn nicht | |
schützen vor Kritik. Im Gegenteil. (Fragen am Rande: Warum treten Sie so | |
selten in der Öffentlichkeit auf? Warum weiß kaum jemand, wie Ihre Stimme | |
klingt? Für was stehen Sie?) | |
## "Ich erpresse nicht" | |
Im Duktus hielt sich die taz-Anfrage an eine E-Mail des "Bild"-Reporters | |
Martin Heidemanns. Er schrieb am Morgen des 11. Dezember 2011, einem | |
Sonntag, um 6:49 Uhr an Olaf Glaeseker, den ehemaligen Sprecher Christian | |
Wulffs, der an jenem Sonntag noch im Dienst war. "Sehr geehrter Herr | |
Glaeseker, im Zusammenhang mit unserer Recherche...bitten wir..freundlich | |
um Beantwortung folgender Fragen..." | |
Auch das ist eine interessante Frage: Wer ist Martin Heidemanns, der | |
freundliche Absender der Mail? Wie arbeitet er? Der Tagesspiegel | |
veröffentlichte 2004 einen Text, der sich kritisch mit den Methoden des | |
damaligen Unterhaltungschefs der Bild befasste. Heidemanns reagierte prompt | |
mit einer Richtigstellung: "Der Text erweckt den Eindruck, dass ich bei | |
meiner Berufsausübung schreie, drohe, erpresse. Das ist falsch. Ich schreie | |
nicht, ich drohe nicht, und ich erpresse auch nicht." | |
Im Archiv ist der Text inzwischen gelöscht. Man würde gerne mehr wissen | |
über den Mann, der den Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland in | |
die missliche Situation bringen konnte, den Chefredakteur eines | |
Boulevardblatts anzubetteln. | |
## Montag, 16 Uhr | |
Die E-Mail Heidemanns an Christian Wulff hat Bild inzwischen | |
veröffentlicht, sie brachte die Affäre ins Rollen, beziehungsweise ans | |
Licht. Und den Bundespräsident zu jener dummen Idee, den Chefredakteur der | |
Bild auf die Mailbox zu reden. Christian Wulff in Rage? Jene, die Wulffs | |
Mailbox-Ansprache im Originalton hören konnten, berichten eher von einem | |
gefassten, einem bettelnden Präsidenten. Macht das die Sache besser? Wohl | |
kaum. | |
Aber es stellt einige Schlagzeilen der letzten Wochen in Frage: "Wulff und | |
der Wutanruf" (Hamburger Abendblatt), "Wulffs Wut-Anruf irritiert | |
Koalition" (Zeit-Online), "Wutanrufe, Kreditaffäre, | |
Glaubwürdigkeitsprobleme"(taz.de). Wie kann man so etwas schreiben, ohne | |
die Nachricht gehört zu haben? Oder andersherum: Wie kann man so etwas noch | |
schreiben, nachdem man sie gehört hat? | |
Es bleiben viele Fragen offen. Die Affäre Christian Wulffs ist auch eine | |
Affäre der Medien. Erste Antworten gibt es bis Montag, 16 Uhr. Bis dahin | |
will Kai Diekmann auf die Anfrage der taz reagieren. Der "wichtigste | |
Journalist des Landes" hat sein Wort gegeben. Er will aufklären. Ohne Witz. | |
15 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Felix Dachsel | |
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