# taz.de -- "Tahrir 2011" - Arabischer Frühling im TV: Der Geist der Revolutio… | |
> "Tahrir 2011" bringt den Arabischen Frühling in die Wohnzimmer - um 23.15 | |
> Uhr im WDR. Die Geschichte der Revolution wird aus Teilnehmer-Perspektive | |
> erzählt. | |
Bild: Demonstranten flüchten vor dem Tränengas der Staatssicherheit zwischen … | |
"Mutig ist mutig, und feige ist feige / Heute Nacht ist dieser Platz unsere | |
Bleibe / Er liegt sehr weit weg und ist trotzdem nicht unerreichbar." So | |
meldet sich das ägyptische Volk zu Wort nach langen Jahren der Angst, | |
Unterdrückung und Korruption unter dem Regime von Husni Mubarak. | |
Es ist der Tag des Zorns, ein Dienstagmorgen am 25. Januar 2011 am | |
Tahrirplatz in Kairo, die Proteste beginnen gerade. Im Sonnenschein stehen | |
rund 15.000 Menschen mit ihren selbst geschriebenen Plakaten, sie singen | |
Parolen gegen Mubarak. Der Arabische Frühling hat Ägypten erreicht. | |
"Die Organisatoren der Demonstration waren überrascht, dass die Proteste | |
ein solches Ausmaß hatten", beteuert ein junger Aktivist, der als Student | |
Mitglied bei den Muslimbrüdern geworden ist. "Eine Revolution auf | |
Bestellung, indem man auf Facebook einen Aufruf startet?", fragt eine junge | |
Frau aus der Mittelschicht. | |
Sie gehören zu den Protagonisten des Dokumentarfilms von Tamer Ezzat, Ayten | |
Amin und Amr Salama, "Tahrir 2011". Tahrir bedeutet "Befreiung". Von hier | |
aus fing die "Facebook-Revolution" in Ägypten an; deren Geschichte der Film | |
aus der Perspektive der jungen Revolutionäre erzählt. | |
## Die Facebook-Revolution | |
Nur 18 Tage später war es geschafft, die 30 Jahre dauernde Diktatur war | |
gestürzt, Mubarak trat zurück. Mit bislang im Fernsehen nicht gezeigten | |
Aufnahmen werden die Demonstrationen und Straßenkämpfe gezeigt sowie | |
Porträts einiger Widerstandskämpfer gezeichnet. Ein Zusammenschnitt aus | |
verwackelten Amateurfilmen, Handyvideos und Augenzeugenberichten. | |
Hysterisch heulende Männer, kampfwütige Frauen - der Tahrirplatz wird zum | |
gemeinsamen Camp und zeigt einen Querschnitt der Gesellschaft. | |
"Die Guten", so heißt dieser erste Teil des Films, in dem der Zuschauer | |
sich als Teil der Demonstranten fühlt. Im zweiten Teil werden "die Bösen" | |
dargestellt: Polizisten und Sicherheitskräfte, die über ihre Einsätze gegen | |
die Revolutionäre berichten. "Ich habe nur meinen Job gemacht", verteidigt | |
sich einer mit verpixeltem Gesicht. Trotz des Filmverbots haben die | |
Dokumentarfilmemacher Sicherheitskräfte zu Wort kommen lassen, eine | |
vielschichtige Darstellung entsteht. | |
## Das Volk und der Palast | |
"Wie werde ich Diktator?", fragt der satirische Teil drei: "Der Politiker". | |
In zehn Punkten wird das "Modell Mubarak" zusammengefasst: Wie aus dem | |
Sadat-Nachfolger von 1981 der Diktator Mubarak werden konnte. Gespräche mit | |
Insidern, ehemaligen Mitarbeitern, Parteipolitikern, Journalisten und | |
Intellektuellen bringen die letzten Tage des Regimes aus Sicht des Palastes | |
in Erinnerung und geben auf ironisch-amüsante Weise Einblicke in die | |
Funktionsweise einer Diktatur. | |
"Tahir 2011" gelingt es, den Geist der ägyptischen Revolution zu | |
transportieren und über ihre Helden und Feinde ein dreidimensionales | |
Porträt zu zeichnen. Dies liegt sicherlich auch daran, dass die drei | |
Filmemacher selbst aktiv an der Revolution beteiligt waren. Bemerkenswert | |
ist auch, dass der Film zeitnah an den historischen Ereignissen entstanden | |
ist. | |
"Tahrir 2011" feierte im September 2011 bei der Mostra di Venezia seine | |
Weltpremiere und ist bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet worden. Es | |
werden wohl noch einige Filme folgen, die jene Geschehnisse analysieren | |
werden. | |
## Donnerstag um 23.15 Uhr im WDR | |
19 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Anna Frenyo | |
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