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# taz.de -- Havarie der "Costa Concordia": Reederei prüft Notfall-Vorschriften
> Während die Rettungsaktionen unterbrochen werden, prüft der Eigner der
> "Costa Concordia" knapp eine Woche nach dem Ünglück
> Sicherheitsvorkehrungen auf weiteren Schiffen.
Bild: Schwierige Lage: Am Morgen wurden die Rettungsarbeiten auf der "Costa Con…
ROM dpa | Die Suche nach Vermissten in der havarierten "Costa Concordia"
ist am Freitag erneut unterbrochen worden. Das Schiff bewege sich wieder,
teilten Rettungsmannschaften mit, wie die italienische Nachrichtenagentur
Ansa berichtete. Die Rettungsmannschaften wollten im Laufe des Vormittags
über das weitere Vorgehen beraten.
Unterwasserströmungen könnten Bewegung in die "Costa Concordia" gebracht
haben, denn die See ist entgegen Befürchtungen derzeit nicht sehr rau.
Erwogen werden könnte, das Schiff mit Hebeseilen an den Felsen
festzumachen, um ein weiteres Versinken im Meer zu verhindern. Jede
Bewegung des vor der toskanischen Insel gekenterten Kreuzfahrtschiffes
werde auch mit Satellitenaufnahmen verfolgt, heißt es.
Wie Küstenwachen-Kommandant Cosimo Nicastro am Donnerstagabend mitteilte,
werde auf dem havarierten Kreuzfahrtschiff "Costa Concordia" nach
Vermissten "so lange gesucht, bis es das Wetter nicht mehr zulässt".
Allerdings beschränke sich die Arbeit in der Nacht auf die Bereiche des
Schiffs, die über Wasser liegen.
"Die Taucher haben am Abend aufgehört, weil es einfach zu dunkel wurde",
sagte Nicastro. Die Suche konzentriere sich auf das Deck Nummer vier, von
wo aus man in Teile des leckgeschlagenen Schiffs hineinkomme.
Die "Costa Concordia" befindet sich vor der Insel Giglio in prekärer Lage.
Sie droht vor allem bei unruhiger See tiefer zu sinken. Nicastro erklärt,
deshalb seien am Donnerstag spezielle Löcher und Wege in das Schiff
gesprengt worden, über die sich die Retter im Falle eines Abrutschens in
Sicherheit bringen könnten. Am sechsten Tag nach der Unfall wurde nach
seinen Worten kein weiterer Mensch gefunden. Immer noch werden mehr als 20
Menschen vermisst.
Knapp eine Woche nach dem Unglück warnten Meteorologen vor starken Winden
und schwerem Seegang. Meterhohe Wellen könnten das havarierte Schiff
abrutschen und sinken lassen.
## Reederei "Carnival" besitzt mehr als 100 Schiffe
Nach dem Unglück nimmt der US-Eigner Carnival die Sicherheitsvorkehrungen
auf allen seinen Kreuzfahrtschiffen unter die Lupe. "Diese Tragödie stellt
die Sicherheits- und Notfall-Prozeduren unserer Firma in Frage", sagte
Firmenchef Micky Arison späten Donnerstag in Miami. Er beteuerte, die
Bestimmungen in der Branche seien bereits hoch. Die Überprüfung solle aber
sicherstellen, "dass sich diese Art von Unglück nicht wiederholt".
Die Federführung bei der Überprüfung der Notfall-Richtlinien übernimmt der
ehemalige Navy-Kapitän James Hunn, der nach einer 32-jährigen Karriere in
der US-Kriegsmarine bei der weltgrößten Kreuzfahrt-Reederei angeheuert
hatte. Auch außenstehende Experten sollen einen Blick auf die
Sicherheitsvorkehrungen werfen. Zu Carnival gehören mehr als 100 Schiffe,
die unter eigenem und dem Namen diverser Tochtergesellschaften fahren,
darunter der italienischen Reederei.
Die Reederei Costa Crociere suspendierte den beschuldigten Kapitän,
Francesco Schettino, mit sofortiger Wirkung vom Dienst. Das Genueser
Unternehmen werde ihn auch nicht verteidigen, sagte Costa-Anwalt Marco De
Luca nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa. Costa Crociere sehe sich
selbst als geschädigt an.
Schettino wird mehrfache fahrlässige Körperverletzung, Havarie und
Verlassen des Schiffes während der Evakuierung vorgeworfen. Bei einer
Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft.
## Kapitän Schettino soll Drogentest machen
In etwa zehn Tagen sollen toxikologische Untersuchungen abgeschlossen sein,
die Aufschluss über einen möglichen Drogenkonsum des Kapitäns geben. Dies
wurde laut Ansa aus Justizkreisen in Grosseto bekannt. Ausgeschlossen
scheine es, dass Schettino während der Havarie betrunken war, hieß es.
Der 52-Jährige steht unter Hausarrest. Freunde verteidigten ihn. Sie
fordern, Schettino nicht länger an den Pranger zu stellen. "Nicht aufgeben,
Kapitän", stand auf einem Plakat zur Begrüßung, wie Aufnahmen aus Meta di
Sorrento bei Neapel zeigten.
Das 290 Meter lange Schiff mit mehr als 4200 Menschen an Bord rammte vor
einer Woche - in der Nacht zum Samstag - nach einer Kursänderung des
Kapitäns einen Felsen, schlug leck und kenterte. Das Schiff liegt in
starker Schräglage vor der Insel Giglio.
Das Abpumpen von Öl aus den Tanks des Schiffs wird voraussichtlich mehrere
Wochen dauern. Die Arbeiten sollen am Samstag beginnen, vielleicht auch
schon früher, wie das italienische Umweltministerium mitteilte. Man warte
darauf, dass die Rettungsarbeiten auf dem Schiff beendet seien. Die
deutsche Niederlassung von Costa Crociere, Costa Kreuzfahrten, teilte mit,
das niederländische Bergungsunternehmen Smit Salvage habe einen Plan zum
Abpumpen ausgearbeitet.
## Umweltschützer fordern Schwerölverbot
Nach Angaben der Reederei sollen etwa 2300 Tonnen Treibstoff an Bord sein,
offensichtlich überwiegend Schweröl. "Schweröl ist wie dicker, zähflüssiger
Honig. Um es abzupumpen, muss es erst auf 45 bis 50 Grad erwärmt werden",
sagte eine Sprecherin des Havariekommandos Cuxhaven. Die Tanks der "Costa
Concordia" fassen 2400 Tonnen.
Umweltschützer warnen vor Umweltschäden. Der Naturschutzbund Deutschland
(NABU) forderte ein Schwerölverbot für Kreuzfahrtschiffe auch im
Mittelmeer, so wie es in Nord- und Ostsee der Fall sei.
Die "Costa Concordia" soll der Insel Giglio schon vor dem Unfall deutlich
näher gekommen sein als der Betreiber behauptet. Bei einer genehmigten
Kursänderung im August 2011 sei das Schiff in rund 230 Metern Entfernung
von der Insel vorbeigefahren, sagte ein Sprecher des
Schiffsinformationsdienstes Lloyd's List Intelligence in London. Anwalt De
Luca sagte, er wisse nichts von Annäherungen dieser Art.
In italienischen Medien wie der Zeitung "La Stampa" sorgten Spekulationen
über eine angeblich geheimnisvolle Frau auf der Kommandobrücke der "Costa
Concordia" für Verwirrung. Von blinden Passagieren war die Rede. Zumindest
eine 25-jährige verdächtigte Moldawierin entpuppte sich jedoch als normaler
Gast.
Domnica Cemortan (25) erklärte dem moldauischen Fernsehen, sie sei als Gast
des Kreuzfahrtunternehmens auf dem Schiff gewesen, für das sie kurz zuvor
als Hostess gearbeitet habe. Während des Abendessens mit ihren früheren
Kollegen habe sich dann das Unglück ereignet.
Für das Personal von Kreuzfahrten sei es kein Geheimnis, dass Kapitän und
Offiziere inoffiziell Freunde oder Verwandte einladen könnten, schrieb "La
Stampa". Diese im Fall der "Costa Concordia" zu ermitteln, könnte wichtig
werden, weil es auch die Verwirrung bei der Zahl der Vermissten erklären
könnte.
20 Jan 2012
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