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# taz.de -- Weltwirtschaftsforum von Davos: Kapitalismus renovieren
> Am Mittwoch startet das Weltwirtschaftsforum von Davos mit 40
> Regierungschefs und hunderten Vorstandsvorsitzenden. Das Treffen, die
> Teilnehmer, die Themen.
Bild: Protest gegen das Weltwirtschaftsforum in Bern.
Klaus Schwab ist enttäuscht und genervt. Seit 42 Jahren versucht er, "den
Zustand der Welt zu verbessern". Aber der Kapitalismus widersetzt sich ihm
in jüngster Zeit hartnäckig. Das Wirtschaftssystem will sich nicht so zum
Guten wenden lassen, wie Schwab es gern hätte.
Schwab, 73, aus Ravensburg stammend, leitet das Weltwirtschaftsforum von
Davos (WEF), den größten Manager- und Politikertreff, den die Welt zu
bieten hat. Ab Mittwoch wird es wieder voll in dem mondänen Schweizer
Skiort. 40 Regierungs- und Staatschefs haben sich angesagt, hunderte
Vorstandsvorsitzende transnationaler Firmen, tausende Personen Fußvolk.
Gleich am ersten Tag um 9 Uhr geht es los mit einer Diskussion zur Kritik
am Kapitalismus. Schwab sagt, warum: "Das kapitalistische System passt in
seiner heutigen Form nicht mehr in die Welt". Seit dem Beginn der Krise
seien vier Jahre vergangen, doch man habe "die Lehren aus dem Fehlverhalten
immer noch nicht gezogen".
Einerseits plädiert Schwab für die stärkere politische Regulierung der
Finanzmärkte. Andererseits appelliert er an das Verantwortungsbewusstsein
der globalen Wirtschaftselite. Die Manager sollten wieder zu einer
Marktwirtschaft mit "Selbstverantwortung" und "sozialer Verpflichtung"
zurückkehren.
Mit diesen Fragen wird die Politprominenz in Davos höchstens nebenbei in
Berührung kommen. Für US-Finanzminister Timothy Geithner, den Präsidenten
der Weltbank, Robert Zoellick, Christine Lagarde als IWF-Chefin und
Kanzlerin Angela Merkel geht es vor allem darum, die Euroschuldenkrise zu
managen. In ihrer Eröffnungsrede wird Merkel sich dazu äußern.
## Eurorettungsfonds soll wachsen
Denn die Kollegen erwarten von Deutschland die Bereitschaft, mehr Geld
bereitzustellen. Es geht um rund 400 Milliarden Euro zusätzlich, die
Deutschland und die anderen Eurostaaten aufbringen sollen. In diesem Sinne
ist die Ankündigung von IWF-Chefin Lagarde von vergangener Woche zu
verstehen. Dies sei etwa die Hälfte dessen, was nach Berechnungen des Fonds
gebraucht werde, um schwache Eurostaaten abzusichern.
Im Zuge dieser Debatte hat auch Italiens Ministerpräsident Mario Monti
angeregt, die europäischen Rettungsfonds auszuweiten. Aus Berlin kommen
dazu einstweilen negative Signale. Finanzminister Wolfgang Schäuble hat
erst einmal "Nein" gesagt.
Unter dem Namen "Global Issues Group", einem Gremium des WEF, haben die
Chefs von IWF, Weltbank und andere darauf hingewiesen, dass Sparen allein
nicht reicht, um die Krise zu bewältigen. Es seien auch Investitionen in
Wachstum nötig. Gegenüber der taz sagte Philipp Jennings, der Chef der
weltweiten Dienstleistungsgewerkschaft UNI, Europa solle sich ein Beispiel
daran nehmen, wie Deutschland die Wiedervereinigung gemeistert habe.
24 Jan 2012
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Schwerpunkt Occupy-Bewegung
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