# taz.de -- Wahlkampf in Russland: Oppositioneller darf nicht antreten | |
> Die Wahlkommission schließt den Chef der liberalen Partei Jabloko, | |
> Grigori Jawlinski, von den Präsidentenwahlen aus. Ein Teil der | |
> Unterstützerunterschriften ist ungültig. | |
Bild: Von der Teilnahme an den Präsidentschaftswahlen ausgeschlossen: der Oppo… | |
MOSKAU taz | Die russische Wahlkommission hat den | |
Präsidentschaftskandidaten der demokratischen Partei "Jabloko", Grigori | |
Jawlinski, zu den Präsidentenwahlen am 4. März nicht zugelassen. Laut | |
Wahlkommission seien 24 Prozent der für eine Kandidatur nötigen | |
Unterschriften von Unterstützern ungültig. Kandidaten einer nicht in der | |
Duma vertretenen Partei müssen für die Teilnahme an der | |
Präsidentschaftswahl zwei Millionen Unterschriften von Wählern vorlegen. | |
Die Entscheidung sei "objektiv und nicht politisch begründet", sagte der | |
Vizechef der Behörde. | |
Grigori Jawlinski, der Anfang der 1990er Jahre die Jabloko-Partei gründete | |
und an mehreren Präsidentschaftswahlen teilnahm, vermutet hinter dem | |
Ausschluss politische Motive. Auch Vertreter anderer oppositioneller | |
Gruppen forderten die Kommission auf, Jawlinski zuzulassen, da der Wahlgang | |
ohne einen Vertreter der demokratischen Opposition an Legitimität verlöre. | |
Die Wahlkommission beanstandete nicht nur ungültige oder gefälschte | |
Unterschriften, sie monierte auch die kopierten Vordrucke, auf denen die | |
Unterschriften gesammelt wurden. Es waren nicht die dafür vorgesehenen | |
Originalformulare. Alle Unterschriften auf diesen Blättern wurden für | |
ungültig erklärt. Laut Jabloko waren Originalvordrucke in der | |
erforderlichen Menge zu Beginn der Unterschriftenaktion nicht vorhanden. | |
Die Wahlkommission ist für derartige Praktiken bekannt. Auch gültige, aber | |
unsauber geschriebene Namen werden häufig nicht anerkannt. Das hängt von | |
der Weisung von oben ab. Bereits die Frist von knapp sechs Wochen, um zwei | |
Millionen Stimmen zu sammeln, ist sehr knapp bemessen. Sie fiel zudem in | |
die russischen Winterferien. | |
Dass Wladimir Putin als Sieger aus den Präsidentschaftswahlen hervorgehen | |
wird, steht außer Zweifel. Offen jedoch ist, ob ihm der Sprung in den Kreml | |
bereits im ersten Wahlgang gelingt. Darauf legt die politische Führung | |
allergrößten Wert, da Putins Image seit den umstrittenen Parlamentswahlen | |
im vergangenen Dezember schwer gelitten hat. Dürfte Jawlinski antreten, | |
ließe sich ein zweiter Wahlgang wahrscheinlich nicht umgehen. | |
24 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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