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# taz.de -- Staatengipfel der Afrikanischen Union: Alles Verlierer
> Die Afrikanische Union scheitert bei der Wahl eines
> Kommissionspräsidenten. Das offenbart die tiefen Zerwürfnisse auf dem
> Kontinent nach dem Sturz Gaddafis.
Bild: Staatengipfel der Afrikanischen Union in Addis Ababa.
BERLIN taz | Es war der erste Staatengipfel der Afrikanischen Union (AU)
seit den Sturz und Tod ihres Gründers. Der Libyer Muammar al-Gaddafi hatte
die AU 1999 auf einem Gipfel im libyschen Sirte ins Leben gerufen und sah
in ihr eine Vorstufe zu den Vereinigten Staaten von Afrika unter seiner
Führung. Mit überheblichen Höhenflügen torpedierte er seitdem regelmäßig
pragmatischere Diskussionen über einen schrittweisen Aufbau
panafrikanischer Institutionen.
Nicht von ungefähr hatte sich die AU nun für den Gipfel am 29. und 30.
Januar ein Thema gesetzt, mit dem Gaddafi nichts hätte anfangen können: die
Förderung des innerafrikanischen Handels. Nur 10 Prozent des Außenhandels
afrikanischer Staaten findet zwischen diesen Staaten selbst statt.
Zahlreiche Länder sind nach wie vor zu abhängig vom Rohstoffexport nach
Europa, Nordamerika und neuerdings Asien. Innerafrikanische
Grenzformalitäten sind bürokratisch, kostspielig und langsam.
Transportkosten innerhalb Afrikas, so eine AU-Gipfelvorlage, sind
durchschnittlich 63-mal höher als in den Industrienationen. Viel Stoff
also.
Daraus wurde aber nichts. Eine als Routine gedachte Personalentscheidung
sprengte die afrikanische Einheit. Die Wiederwahl des amtierenden
AU-Kommissionspräsidenten Jean Ping geriet zum Debakel. Nach vier
Wahlgängen erreichte der Gabuner mit teilchinesischen Wurzeln immer noch
nicht die nötige Stimmenzahl und kann nicht mehr im Amt bleiben. Bis zu
Neuwahlen führt nun sein Stellvertreter aus Kenia, Erastus Mwencha, die
Geschäfte.
## Post-Gaddafi-Vakuum
Grund war eine Kampfkandidatur der Innenministerin von Südafrika, Nkosazana
Dlamini-Zuma, eine der stärksten Führungsfiguren des ANC (Afrikanischer
Nationalkongress). Von 1982 bis 1998 war sie mit dem heutigen Präsidenten
Jacob Zuma verheiratet; danach war sie von 1999 bis 2009 Außenministerin
und widersetzte sich Gaddafis Machtstreben.
Gegen Jean Ping anzutreten war auch ein Ausdruck des südafrikanischen
Protests gegen einen AU-Kommissionspräsidenten, der bei den Krisenherden
Libyen und Elfenbeinküste zu lange auf diskreditierte Machthaber gesetzt
hatte. Südafrika fiel zu diesen Ländern auch nichts Besseres ein, aber es
wollte das Post-Gaddafi-Vakuum nutzen, um sich endlich als unangefochtene
Führungsnation Afrikas zu etablieren.
Dlamini-Zuma scheiterte knapp. Drei Wahlgänge gewann Jean Ping hauchdünn,
erst mit 28 zu 25 Stimmen, dann 27 zu 26, schließlich 29 zu 24. Die
Südafrikanerin musste sich nach ihrer dritten Niederlage zurückziehen, aber
selbst ohne Gegenkandidatin erhielt der Gabuner statt der nötigen
Zweidrittelmehrheit von 36 Stimmen nur 32, und es gab 20 Enthaltungen.
Damit war seine Wahl gescheitert.
Berichten zufolge veranstaltete die südafrikanische Delegation Freudentänze
im Plenarsaal. Sie war zuvor pessimistisch gewesen, nachdem sich
Schwergewichte wie Nigeria gegen Südafrika ausgesprochen hatten.
Einen klaren Nachfolger Gaddafis hat dieser Gipfel also nicht
hervorgebracht. Wenn jemand in die Fußstapfen Libyens tritt, das bisher 15
Prozent des AU-Budgets zahlte und für die Beiträge zahlreicher Kleinstaaten
aufkam, ist es China. Pünktlich zum Gipfel hat Peking der AU einen neuen
Büroklotz als neuen Sitz geschenkt. Das 100 Meter hohe Gebäude, größtes
Hochhaus von Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba, ist das augenfälligste
Zeichen chinesischer Macht auf dem Kontinent.
30 Jan 2012
## AUTOREN
Dominic Johnson
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