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# taz.de -- 100 Jahre ANC in Südafrika: Oligarchie auf Afrikanisch
> Trotz aller Kritik unbesiegbar: Der ANC steht für politische Führung und
> für den ökonomischen Aufstieg einer schwarzen Elite in einer weiß
> dominierten Volkswirtschaft.
Bild: Feiern das 100-jährige Bestehen ihrer Partei: ANC-Anhänger.
Der ANC gründet seine Legitimität nicht nur auf dem Erbe einer glorreichen
Geschichte, sondern auch auf dem Versprechen einer glorreichen Zukunft. Die
Partei Nelson Mandelas verkörpert in ihrem Selbstverständnis den
politischen Befreiungskampf der schwarzen Bevölkerungsmehrheit Südafrikas
gegen ein weißes Minderheitsregime.
Zudem organisiert sie den ökonomischen Aufstieg einer schwarzen Elite in
einer nach wie vor weiß dominierten Volkswirtschaft. Das ist das Geheimnis
der Stärke des ANC als führende politische Kraft Südafrikas - und als
Modell für den ganzen Kontinent.
"Black Economic Empowerment" heißt die Politik der positiven
Diskriminierung in Südafrika, die schwarz geführte Unternehmen bevorzugt.
Wer sich an staatlichen Ausschreibungen beteiligen will oder überhaupt
Geschäfte mit Beteiligung des Staates plant, ist gesetzlich verpflichtet,
schwarze Mindestquoten bei Unternehmensanteilen, Managementposten und
Auftragsvergabe einzuhalten.
Das soll die Entstehung einer schwarzen Mittelschicht begünstigen und die
Schwarzen aus der Armut heben. In der Praxis jedoch, so sagen Kritiker,
haben ANC-Größen mit eigenen Unternehmen und deren Freunde diese Politik
ausgenutzt.
Eine neue schwarze Oberschicht aus ANC-Kadern, ihren Familien und
Geschäftsfreunden hat sich herausgebildet, die sogenannten "schwarzen
Diamanten". Manche dieser afrikanischen Oligarchen sind weitsichtige
Investoren wie Cyril Ramaphosa, Ex-ANC-Generalsekretär und danach Gründer
von Südafrikas größter schwarzer Unternehmensgruppe Shanduka, die
mittlerweile mit chinesischem Kapital in klassisch "weiße" Geschäftsfelder
wie Bergbau expandiert.
## Neue schwarze Geldelite
Dabei ist hilfreich - und umstritten - dass Chinesen in der Black Economic
Empowerment als Schwarze gelten, was zwar den Verhältnissen in der
Apartheid entspricht, nicht aber der globalisierten Gegenwart. In der neuen
schwarzen Geldelite gibt es auch dubiose Figuren wie den kürzlich
geschassten ANC-Jugendführer Julius Malema oder die skandalumwitterten
Söhne von Jacob Zuma und Nelson Mandela.
Durch politische Macht die Kommandohöhen der Volkswirtschaft zu erobern -
das ist ein alter Traum aller afrikanischen Befreiungsbewegungen. Aber erst
der ANC lebt ihn erfolgreich vor. An der Partei Mandelas nehmen sich viele
Länder ein Beispiel, wo Führer ehemaliger Befreiungsbewegungen alle
Schaltstellen von Wirtschaft und Politik kontrollieren, von Namibia, Angola
und Mosambik bis nach Ruanda, Uganda und Äthiopien. Enge Verflechtungen
zwischen Partei und Privatwirtschaft garantieren dort sowohl den
Machterhalt der Mächtigen als auch ein hohes Wirtschaftswachstum.
Am direktesten hat sich vom ANC die Regierungspartei Nigerias inspirieren
lassen, Sammelbecken all jener Kräfte, die 1999 zur Überwindung der
nigerianischen Militärdiktatur beitrugen. Die People's Democratic Party
(PDP) hat sich als ähnlich unbesiegbar bei Wahlen erwiesen wie der ANC, und
sie vereint die Welt der Neureichen und Aufstrebenden. Und Nigeria hat
begonnen, eine dem Black Empowerment ähnliche Politik der nationalen
Präferenz auf seine bislang vom Ausland dominierte Ölindustrie anzuwenden.
Zunehmend orientieren sich die Eliten Nigerias und Südafrikas auch
kulturell und ökonomisch aneinander, ebenso die bereits genannten anderen
Staaten. Sie prägen das Gesicht des aufstrebenden Afrika im 21.
Jahrhundert. Aber vorerst bleibt es eine Integration der Eliten. Sie haben
sich selbst befreit - und dann hinter sich das Tor geschlossen.
9 Jan 2012
## AUTOREN
Dominic Johnson
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