# taz.de -- Umsiedlungsprogramm in Äthiopien: Bauern weichen Investoren | |
> Laut Human Rights Watch werden äthiopische Bauern umgesiedelt, um | |
> Agrarkonzernen Platz zu machen. Die Regierung bestreitet den | |
> Zusammenhang. | |
Bild: Ein Bauer pflügt seinen Acker in Asagirt, Äthiopien. | |
BERLIN taz | Äthiopiens Regierung begeht schwere Menschenrechtsverletzungen | |
bei der Zwangsumsiedlung zehntausender Bauern im Westen des Landes. Diesen | |
Vorfwurf erhebt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) in | |
einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Besonders brisant: Die | |
Umsiedlungen, sagt HRW, räumen Land für ausländische Agrarinvestoren frei. | |
Die Region Gambella im Südwesten Äthiopiens ragt wie ein Keil nach Südsudan | |
hinein und ist von den südsudanesischen Völkern der Anuak und Nuer | |
besiedelt. Sie ist eine Schwerpunktregion der äthiopischen | |
Regierungspolitik, Kleinbauern in Dörfern zusammenzulegen, ob sie wollen | |
oder nicht. | |
70.000 der rund 300.000 Einwohner Gambellas sollten aus diesem Grund bis | |
Ende 2011 zwangsumgesiedelt werden. Manche Umsiedlungen fänden, so HRW, | |
kurz vor der Erntezeit statt. Die Bauern müssten ihre Maisfelder aufgeben | |
und dann oft ohne Entschädigung oder Unterstützung auf schlechteres Land | |
ziehen, wo sie dann unter Militäraufsicht selber Hütten bauen müssten, so | |
der Bericht. | |
## Agrarexport nach Asien | |
Gambella ist auch Schwerpunktregion für die Ansiedlung ausländischer | |
Investoren, die in Äthiopien kommerzielle Agrarprodukte für den Export nach | |
Asien anbauen. Knapp die Hälfte der 25.802 Quadratkilometer von Gambella | |
sei auf diese Weise bereits vergeben, so HRW, darunter viele Gebiete, aus | |
denen Bauern zwangsumgesiedelt wurden. | |
Die äthiopische Regierung weist alle Vorwürfe zurück. In einer | |
Stellungnahme, die der HRW-Bericht wiedergibt, wird das Umsiedlungsprogramm | |
als "freiwillig" bezeichnet. | |
Nach offiziellen Angaben haben sechs Firmen aus Indien, eine aus China und | |
eine aus Saudi-Arabien in Gambella Land gepachtet, um dort Baumwolle, Tee, | |
Reis, Getreide und Ölpflanzen anzubauen. Ihre Flächen von 225.000 Hektar | |
seien nur wenig mehr als die 190.000 Hektar, die an einheimische Investoren | |
gegangen sind, so die Provinzregierung laut der äthiopischen | |
Internetagentur Waltainfo. | |
Größter ausländischer Einzelinvestor in Gambella ist Karuturi aus Indien. | |
In einer im HRW-Bericht wiedergegebenen Stellungnahme schreibt das | |
Unternehmen, es habe mit der Umsiedlungspolitik der Regierung nichts zu | |
tun, sondern arbeite mit der lokalen Bevölkerung zusammen. | |
17 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ministerpräsident Äthiopiens: Meles Zenawi ist tot | |
Der äthiopische Ministerpräsident Meles Zenawi starb in der Nacht. Der | |
57-jährige ehemalige Rebellenkämpfer regierte das Land seit 1991 und führte | |
immer wieder Krieg gegen Eritrea. | |
100 Jahre ANC in Südafrika: Oligarchie auf Afrikanisch | |
Trotz aller Kritik unbesiegbar: Der ANC steht für politische Führung und | |
für den ökonomischen Aufstieg einer schwarzen Elite in einer weiß | |
dominierten Volkswirtschaft. | |
Hartes Urteil in Äthiopien: Elf Jahre Haft für schwedische Reporter | |
Zwei schwedische Journalisten sind wegen Terrorvorwürfen und illegaler | |
Einreise zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Sie hatten bei einer | |
Rebellenorganisation recherchiert. |