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# taz.de -- Migranten treffen Kanzlerin: Integration? Langweilig!
> Vor dem Gipfel im Kanzleramt fordern Migranten und Gewerkschaften eine
> andere Themensetzung. Statt über Integration wollen sie über Rassismus
> sprechen.
Bild: Lieber über Rassismus sprechen: Der Vorsitzende der türkischen Gemeinde…
BERLIN taz | "Wir wollen eine Gesellschaft, in der Rassismus und
Rechtsextremismus geächtet werden", sagte der Vorsitzende der Türkischen
Gemeinde Deutschland, Kenan Kolat, am Montag vor Journalisten in Berlin. Im
Namen von drei Dutzend weiterer Verbände legte er eine Erklärung vor, in
der zu einem stärkeren Engagement gegen Rassismus aufgerufen wird. Einen
Tag vor dem Integrationsgipfel erhöht sich damit der Druck auf die
Bundesregierung, in dieser Frage mehr zu handeln.
"Morde aufklären, Opfer unterstützen, Rassismus bekämpfen" ist die
zweiseitige Erklärung überschrieben, der sich unter anderem der Deutsche
Gewerkschaftsbund (DGB), die Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Kulturrat und
zahlreiche Migrantenorganisationen angeschlossen haben.
Nach der Mordserie an türkischstämmigen Kleinunternehmern müssten "latent
rassistische Strukturen in den Ermittlungsbehörden" hinterfragt werden,
heißt es in dem Aufruf. Außerdem fordern die Unterzeichner einen
"Aktionsplan gegen Rassismus" und eine Stärkung des Opferschutzes. Und sie
plädieren für eine unabhängige Stelle zur Beobachtung von Rassismus und
Rechtsextremismus.
Am Dienstag steht in Berlin der fünfte "Integrationsgipfel" an. Dabei soll
ein "Nationaler Aktionsplan" verabschiedet werden, in dem Bund, Länder,
Kommunen und Migrantenverbände ihre Ziele für mehr Integration
festschreiben. Rund 120 Teilnehmer sind zu dem Treffen im Kanzleramt
geladen, zu dem neben Gastgeberin Angela Merkel auch Innenminister
Hans-Peter Friedrich, Bildungsministerin Annette Schavan sowie
Familienministerin Kristina Schröder (alle Union) erwartet werden.
## Rassismus statt Integration
Kenan Kolat sieht den Integrationsgipfel indes kritisch. "Wir wollen nicht
mehr über Integration, sondern über den Kampf gegen Rassismus und über mehr
gesellschaftliche Partizipation sprechen", sagte Kolat der taz. "Das hat
für uns Priorität".
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht das ähnlich. Der Referatsleiter
Migration beim DGB-Bundesvorstand, Volker Roßocha, sieht deshalb "eklatante
Lücken" im Aktionsplan der Bundesregierung - etwa dass jugendliche
Migranten auf dem Ausbildungsmarkt auch bei gleichen Qualifikationen
weiterhin benachteiligt würden.
Der Interkulturelle Rat, der Verband binationaler Familien sowie Pro Asyl
kritisierten zudem in einer eigenen Erklärung, dass "zentrale
Integrationshemmnisse" wie die Ausgrenzung und Diskriminierung per Gesetz
kaum angesprochen würden. Viele Migranten seien von Wahlen ausgeschlossen.
Flüchtlinge, Geduldete und Asylbewerber würden überdies in ihrer
Bewegungsfreiheit, dem Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Bildung und zur
medizinischen Versorgung eingeschränkt. "Darüber ist eine Debatte
erforderlich", forderten sie am Montag.
Kenan Kolat plant deshalb gemeinsam mit anderen Verbänden einen "Gipfel
gegen Rassismus", der voraussichtlich im Frühjahr stattfinden soll. Zum
internationalen "Tag gegen Rassismus" am 21. März kündigte er überdies eine
Aktion namens "5 vor 12" an, zu der kurzzeitige Arbeitsniederlegungen
gehören sollen. "Wir lassen nicht locker", erklärte Kolat.
31 Jan 2012
## AUTOREN
Daniel Bax
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