# taz.de -- Fünfter Integrationsgipfel in Berlin: Kaffee statt Qualität | |
> Beim fünften Berliner Integrationsgipfel ging es um Sprachförderung und | |
> um mehr Migranten im öffentlichen Dienst. Der Opposition ist das viel zu | |
> wenig. | |
Bild: Der Gipfel im Kanzleramt: Für die Opposition nur ein "symbolisches Kaffe… | |
BERLIN taz | Es blieb Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht | |
überlassen, an die rassistische Mordserie der Rechtsterroristen aus ihrem | |
Bundesland zu erinnern. In diesem Zusammenhang plädierte sie für mehr | |
Toleranz und eine "Willkommenskultur". Ansonsten spielte das Thema, das | |
viele Migranten in den letzten Wochen stark bewegt hatte, zum Abschluss des | |
fünften Integrationsgipfel keine Rolle. | |
Auf Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel kamen am Dienstag rund 120 | |
Gäste zusammen – Vertreter der Bundesregierung, der Länder und Gemeinden, | |
des Sports, der Migrantenverbände sowie der Gewerkschaften und | |
Arbeitgeberverbände, um über eine bessere Integration zu beraten. | |
Zentrale Themen des Treffens waren diesmal die Sprachförderung und das | |
bürgerschaftliche Engagement von Migranten sowie eine stärkere Einbindung | |
von Einwanderern im öffentlichen Dienst und den Medien. | |
Dazu wurde ein "Nationaler Aktionsplan" verabschiedet, der konkrete | |
Integrationsziele vorgeben und diese überprüfbar und messbar machen soll. | |
Er wurde von der Bundesregierung zusammen mit den Ländern, Kommunen und | |
Migranten-Organisationen entwickelt. | |
Als "echten Qualitätsschub" hatte Regierungssprecher Steffen Seibert den | |
Plan vorab angepriesen, weil er die Integrationspolitik "verbindlicher" | |
machen werde. | |
Vor allem den Anteil von Migranten im öffentlichen Dienst will die | |
Bundesregierung verbessern – damit "sich die Vielfalt unseres Landes auch | |
in den Institutionen widerspiegelt", wie es Angela Merkel bei der | |
Pressekonferenz nach dem Gipfel formulierte. | |
Das Bundesinnenministerium kündigte dazu eigene Initiativen an. Mit der | |
neuen Internetseite [1][www.wir-sind-bund.de] will Innenminister Hans-Peter | |
Friedrich (CSU) insbesondere bei Jugendlichen das Interesse am öffentlichen | |
Dienst wecken. | |
## Merkel gegen Quote | |
Eine "Migrantenquote" lehnt die Bundesregierung aber ab, das machte Angela | |
Merkel im Anschluss an den Integrationsgipfel vor Journalisten deutlich. Am | |
Freitag will Friedrich überdies eine bundesweite Kampagne starten, um | |
Eltern mit Migrationshintergrund zur Teilnahme an Integrationskursen zu | |
motivieren. | |
Massive Kritik kam von der Opposition. Der integrationspolitische Sprecher | |
der Grünen-Fraktion, Memet Kilic, sprach von einem "symbolischen | |
Kaffeekränzchen". | |
Er verlangte, die Hürden für Einbürgerungen zu senken und das | |
Kommunalwahlrecht auf Nicht-EU-Bürger auszuweiten. Als "völlig | |
unverbindlich" bezeichnet auch die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende | |
Aydan Özoguz den "Nationalen Aktionsplan". | |
Es seien keinerlei gesetzgeberische Maßnahmen zur Integration vorgesehen. | |
Dadurch drohe der Gipfel ins Leere zu laufen. "Es wird das Signal gegeben, | |
dass Politik am Ende dann doch völlig unverbindlich ist", kritisierte sie. | |
## Aktionsplan gefordert | |
Die Linken-Vorstandsmitglieder Ali Al Dailami und Katina Schubert forderten | |
überdies einen "Aktionsplan gegen Rassismus". Das hatten auch 30 Verbände, | |
vom DGB bis zu Wohlfahrtsverbänden, am Montag in einer gemeinsamen | |
Erklärung verlangt. | |
Auch Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht hatte kurz vor | |
dem Gipfel noch gefordert, die Anstrengungen gegen Rassismus und | |
Rechtsextremismus zu verstärken. | |
"Wir brauchen mehr Einsatz gegen Rassismus - im familiären Umfeld, in | |
Bildungseinrichtungen, in Sportvereinen oder freiwilligen Feuerwehren", | |
sagte sie der Agentur dpa. Doch davon war nach Ende des Berliner Gipfels | |
keine Rede mehr. | |
31 Jan 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.wir-sind-bund.de | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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