# taz.de -- EU baut Zäune gegen Flüchtlinge: Natodraht und unsichere Häfen | |
> Die Mittelmeeranrainer schirmen sich gegen die Papierlosen ab. Die kommen | |
> trotzdem und werden unter unwürdigen Bedingungen in Barackenlager | |
> gepfercht. | |
Bild: Im Hafen von Lampedusa bereiten Arbeiter Särge für Flüchtlinge vor, di… | |
BERLIN taz | Obwohl dem Land die Staatspleite droht, unterzeichnete | |
Christos Papoutsis, griechischer Minister für Bürgerschutz, am 19. Januar | |
die Verträge: Für 5 Millionen Euro lässt Griechenland einen Zaun bauen, um | |
die Landgrenze zur Türkei zu versiegeln. Das 12,5 Kilometer lange Bauwerk | |
soll im Mai fertiggestellt sein. Zwei Zäune, drei Meter hoch, gefüllt mit | |
aufgetürmten Rollen Natodraht, sollen künftig Papierlose fernhalten. | |
Die kurze Landgrenze zwischen Griechenland und der Türkei ist eine der | |
Hauptrouten auf dem Weg nach Europa. Die Zahl der Ankömmlinge wächst - | |
trotz eines neuen Abkommens zur Sicherung der Grenze zwischen Griechenland | |
und der Türkei. Die Regierung in Athen verfolgt seit Jahren die Strategie, | |
Papierlose zur Abschreckung wochen- oder monatelang in Internierungslager | |
wie das berüchtigte Fylakio zu stecken. | |
Auch Italien verschließt sich den Papierlosen. Kürzlich erklärte die | |
italienische Regierung den Hafen der Insel Lampedusa, Haupteinfallstor der | |
Migranten, zu einem "nichtsicheren" Hafen. Hintergrund ist, dass Kapitäne | |
jeden Schiffbrüchigen retten und in einen sicheren Hafen bringen müssen. | |
Booten mit Schiffbrüchigen darf die Einfahrt nicht verweigert werden. Weil | |
der nächste italienische Hafen, Porto Empedocle, viel weiter im Norden | |
liegt, liegt die Verantwortung für die Aufnahme Schiffbrüchiger jedoch nun | |
öfter auch bei Malta oder Tunesien. | |
## Katastrophale Bedingungen auf Lampedusa | |
Nachdem der Arabische Frühling die zeitweise Öffnung der zentralen | |
Mittelmeerroute von Nordafrika nach Italien und Malta mit sich gebracht | |
hatte, nutzten Tausende die Gelegenheit und setzten nach Europa über. Auf | |
Lampedusa, das Nordafrika am nächsten liegt, spielten sich dramatische | |
Szenen ab. In der ersten Jahreshälfte erreichten zeitweise Boote mit | |
mehreren hundert Menschen täglich das Eiland. Diese mussten dort unter | |
katastrophalen Bedingungen leben: Bis zu 800 Menschen wurden in ein | |
Barackenlager auf Lampedusa gesteckt, das offiziell nur 381 Plätze hat. | |
Statt die Flüchtlinge umgehend auf das Festland zu bringen, ließ die | |
Regierung die Situation eskalieren - wohl nicht ohne Hintergedanken: | |
Italiens damaliger Innenminister Roberto Maroni sprach immer wieder von | |
einem "politischen Notstand" und forderte Hilfe von der EU. | |
Im September brach in Lampedusa schließlich eine Revolte aus: Die | |
Internierten legten Feuer, sie brachen aus, das Lager wurde völlig | |
zerstört. Die Regierung ließ es bis heute nicht wiederaufbauen. Seither | |
ankommende Flüchtlingsboote müssen nach Sizilien weiterfahren - sofern sie | |
durchkommen. | |
2 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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