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# taz.de -- Krach um Wasserpreise: Rendite für die Stadt
> Rot-Schwarz unter Druck: Senatsbevollmächtigter im Kartellverfahren zu
> Wasserpreisen tritt zurück. Opposition fordert Strategie für
> Wasserbetriebe.
Bild: Entscheiden über die Wasserverträge: Ulrich Nußbaum und Sybille von Ob…
Nach dem Rücktritt des Senatsbevollmächtigten im Verfahren des
Bundeskartellamts gegen die Berliner Wasserbetriebe hat die Opposition
Rot-Schwarz Untätigkeit vorgeworfen. Die Regierung unternehme nichts, um
die Wasserpreise zu senken.
Seit Frühjahr 2010 prüft das Bundeskartellamt, ob die Berliner
Wasserbetriebe ihre Monopolstellung genutzt haben, um überteuerte
Trinkwasserpreise durchzusetzen. Die Initiative kam vom damaligen
Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Den Senat vertrat im Verfahren als
Bevollmächtigter der TU-Wirtschaftsprofessor Markus C. Kerber - bis Montag.
Der neue Senat zeige ein "qualifiziertes Desinteresse" am Verfahren,
begründete Kerber seine Mandatsniederlegung in einem Schreiben an
Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz (parteilos) und das
Bundeskartellamt. In mehreren Briefen habe er darauf hingewiesen, dass
Obernitz als Aufsichtsratsvorsitzende der Wasserbetriebe das Verfahren zu
fördern habe, so Kerber. Darauf sei im Dezember nur eine Reaktion der
Senatorin erfolgt: Kerber solle gegenüber dem Bundeskartellamt keine
weiteren Stellungnahmen abgeben.
Offenbar sei die Untätigkeit des Senats politisch motiviert, kritisiert
Kerber. Auch Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) widersetze sich
Preissenkungen, um der Stadt Rendite der Wasserbetriebe zu sichern. Er sei
der eigentliche Hauptakteur im Verfahren, von Obernitz nur eine
"Randfigur", so Kerber. Der Professor hat seit 1999 in mehreren Gutachten
die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe als nachteilig für die
Verbraucher kritisiert.
Obernitz bestreitet die Vorwürfe. Sie sei als Aufsichtsratsvorsitzende
nicht tätig geworden, da andere Vertreter der Wasserbetriebe im Verfahren
"umfänglich Stellung genommen" hätten. Auch habe Kerber sich nie
"schriftlich über mangelnde Gesprächsbereitschaft beklagt". Sie selbst habe
dem Bevollmächtigten am Montag gekündigt - warum, ließ Obernitz offen.
Kerber widerspricht: Die Kündigung sei erst nach seinem Schreiben erfolgt,
mit Poststempel vom Mittwoch.
Der Berliner Senat hatte 1999, damals von Schwarz-Rot geführt, die
Wasserbetriebe teilprivatisiert: 49,9 Prozent wurden an RWE und Veolia
verkauft. Seitdem stiegen die Wasserpreise stetig, auch weil der Vertrag
eine Gewinngarantie beinhaltete. Im vergangenen Dezember hatte das
Bundeskartellamt die Preisfestlegung als "missbräuchlich" gerügt. Bereits
im Februar 2011 hatte ein Volksentscheid die Offenlegung der Wasserverträge
erstritten.
Die Opposition wirft Rot-Schwarz Planlosigkeit über die Zukunft der
Wasserbetriebe vor. "Aussagen zur Rekommunalisierung und
Wasserpreissenkungen sind lediglich Lippenbekenntnisse", so
Linken-Landeschef Klaus Lederer. "Außer Abkassieren ist keine Strategie
erkennbar." Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop forderte den Senat auf, die
Berliner "nicht durch Untätigkeit auf überteuerten Wasserpreisen sitzen zu
lassen". Ebenso der Wassertisch, Initiator des Volksentscheids: "Der
rot-schwarze Senat interessiert sich offenbar nicht für Verbraucherschutz",
sagte Sprecher Wolfgang Rebel.
Ihre Strategie zu den Wasserpreisen verrät Obernitz nicht: Wegen des
laufenden Verfahrens könne sie sich derzeit nicht äußern. Zur
Schlüsselfigur könnte nun Finanzsenator Nußbaum werden. Der verhandelt
derzeit mit RWE und Veolia über einen Rückkauf der Wasserbetriebe. Nach
Ende der Gespräche wird Nußbaum den Aufsichtsratsvorsitz der Wasserbetriebe
übernehmen - und damit ganz direkt über die Wasserpreise mitbestimmen. Zum
Kartellverfahren wollte er sich nicht äußern: Das sei Aufgabe der
Wirtschaftssenatorin.
2 Feb 2012
## AUTOREN
Konrad Litschko
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