# taz.de -- Kommentar Weltwasserforum: Echte Probleme, falsche Hoffnung | |
> Kritiker des Weltwasserforums haben einen Gegengipfel organisiert. | |
> Aufgrund der Finanzkrise ist das Thema jedoch auf der Agenda vieler | |
> Regierungen auf die untersten Ränge gefallen. | |
Dreißig Millionen Euro kostet das sechste Weltwasserforum – einen guten | |
Teil davon verschlingt das Budget für die Kommunikation, mit der sich das | |
wichtigtuerisch betitelte Treffen in eine Reihe mit den großen UNO-Umwelt- | |
und -Klimagipfeln stellt. Zwar kommen auch in Marseille dramatische | |
Zustände zur Sprache, doch außer einer feierlichen Schlusserklärung wird | |
wieder einmal nichts herauskommen. Das Geld wäre anderswo besser investiert | |
worden – in dringend benötigte Brunnen in afrikanischen Dörfern zum | |
Beispiel. | |
Ist das unfaire Polemik? Es werden doch auf dem Forum alle möglichen | |
Aspekte der Wasserversorgung und der Folgen von Knappheit zur Sprache | |
gebracht. Und dies oft sogar von Betroffenen aus der Dritten Welt oder von | |
internationalen Experten! Die auf die Tagesordnung gesetzten Probleme sind | |
echt, doch die Hoffnungen, die mit dem Forum geweckt werden, sind | |
trügerisch. | |
Denn im Hintergrund der Messe stehen Konzerne wie Veolia oder Suez, die | |
sich seit Jahren am Geschäft mit dem Wasser auf Kosten der Konsumenten | |
bereichert haben. Solche Firmen sind es vor allem, die in Marseille | |
konkrete Lösungsvorschläge für die wachsenden Probleme anzubieten haben – | |
Vorschläge, die nicht im Interesse jener Milliarden Menschen liegen, für | |
die der Zugang zu sauberem Wasser eine Frage des Überlebens ist, nicht eine | |
des Profits. | |
Wie beim letzten Forum 2009 in Istanbul haben die Kritiker der zunehmenden | |
Privatisierung und Kommerzialisierung der Wasserversorgung einen | |
Gegengipfel organisiert. Hier besteht die Möglichkeit, auf die ökonomischen | |
Motive der Konzerne hinzuweisen und ihnen das Etikett der | |
Menschenfreundlichkeit streitig zu machen. Aber auch auf dem | |
Alternativforum bleibt es weitgehend bei der Forderung nach einem | |
universellen Recht auf den Zugang zu Trinkwasser von guter Qualität. Doch | |
damit dringen die Kritiker kaum durch. In Wirklichkeit ist die Sorge ums | |
tägliche Nass – wie die Klima- und Umweltfrage oder die bedrohte | |
Biodiversität – wegen der Finanzkrise auf der Agenda vieler Regierungen auf | |
die untersten Ränge der angeblich nicht so wichtigen Anliegen gefallen. | |
In Marseille lassen sich die meisten Staatschefs nicht einmal blicken. Mehr | |
als eine erneute Bestandsaufnahme der wachsenden Probleme darf man von dem | |
Forum also nicht erwarten – nicht mehr als einen Schlag ins Wasser. | |
12 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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