| # taz.de -- Senderechte der Fußball-Bundesliga: Das Ende ist nahe | |
| > Im Frühjahr werden die Senderechte der Bundesliga neu versteigert. Und | |
| > plötzlich droht angeblich der Tod der "Sportschau". Schuld soll mal | |
| > wieder das Internet sein. | |
| Bild: Heilige Kuh Sportschau? Ist die Bundesliga wirklich Grundversorgung? | |
| Und da geisterte es mal wieder durch die Medien. "Das Ende der Sportschau". | |
| Ja, Wahnsinn! Unsere "Sportschau". Eine Institution! Erst neulich wurde sie | |
| 50, eine Welle von Tordesmonats-Ernsthuberty-Nabendallerseits-Nostalgie | |
| rollte durch die Republik. Und jetzt soll sie plötzlich sterben? Was ist da | |
| los? | |
| Das war Mitte Januar und das Bundeskartellamt hatte gerade etwas | |
| abgesegnet. Und zwar das Verfahren der Senderechteversteigerung der | |
| Fußball-Bundesliga für die Zeit von 2013 bis 2017 durch die Deutsche | |
| Fußball Liga (DFL). Die besondere Neuerung: Anders als bei der Rechterunde | |
| vor vier Jahren darf die sogenannte "zeitnahe Highlight-Berichterstattung" | |
| jetzt auch im Internet stattfinden – solange sie nach wie vor kostenlos | |
| angeboten wird. | |
| Und ebenjene zeitnahe Highlight-Berichterstattung: das sind die | |
| Spielzusammenfassungen der fünf Samstagnachmittag-Spiele ab 18.30 Uhr. Das | |
| ist die "Sportschau". | |
| Umgehend machte die ARD Panik. Intendantin Monika Piel warnte, "dass die | |
| DFL einen großen Teil des Publikums ausschließt" – gemeint sind Zuschauer | |
| in ländlichen Regionen, die nicht ans Highspeed-Internet angeschlossen | |
| sind. Genau deretwegen hatte das Kartellamt 2008 noch anders entschieden. | |
| Inzwischen ist Deutschland aber so gut verkabelt, dass von einem "großen | |
| Teil" kaum noch die Rede sein kann. Dennoch: Landauf, landab wird seitdem | |
| vom Tod der "Sportschau" fabuliert. | |
| Tatsächlich hat die ARD auf einmal Konkurrenz zu fürchten, die es im | |
| deutschen Fernsehmarkt zuletzt nicht gab, denn die großen | |
| Privatsenderverbünde konnte man mittels Gebührengeld ausstechen: 100 | |
| Millionen Euro ist der ARD die Highlight-Berichterstattung momentan wert, | |
| pro Jahr (zum Vergleich: Das Gesamtbudget von ZDF Neo liegt bei 30 | |
| Millionen Euro). | |
| ## Die Gewissensfrage | |
| Doch wie weit kann die ARD guten Gewissens mitbieten, sollte sich einer der | |
| großen Internet- oder Mobilfunk-Player – Google mit seiner Tochter YouTube, | |
| Vodafone und Yahoo sind im Gespräch – zum Einstieg entscheiden? Ist die | |
| Bundesliga wirklich Grundversorgung? Warum muss ein öffentlich-rechtlicher | |
| Sender überhaupt Geld für etwas ausgeben, das so populär ist, dass es | |
| ohnehin seinen Weg in deutsche Wohnzimmer finden würde? | |
| Ob sich die ARD solche Fragen wird stellen müssen, steht aber auf einem | |
| anderen Blatt. Das Rechteverfahren, das bis Anfang Mai über die Bühne gehen | |
| soll, ist ein fragiles Gebilde aus zahllosen Einzellizenzen, Abhängigkeiten | |
| und Mitspielern. | |
| Die DFL präsentiert sich dabei gern in einer Art Opferrolle, weil in | |
| England, Spanien und Italien mehr als doppelt so viel Geld fließt als die | |
| rund 420 Millionen Euro, die momentan insgesamt pro Jahr ausgeschüttet | |
| werden – was vor allem an der hierzulande schwach ausgeprägten | |
| Pay-TV-Affinität liegt. Um mehr rauszuholen, gilt es für die DFL nun, die | |
| besten Bieterkombinationen zu finden und medial ein wenig Panik zu stiften, | |
| um alle gegeneinander auszuspielen. | |
| Über 30 interessierte Bieter soll es geben, 23 sogenannte Pakete werden in | |
| der aktuellen Runde verhandelt: Live- oder Highlight-Rechte, zeitnah nach | |
| Spielende oder später, Free- oder Pay-TV, für Internet, Fernsehen oder | |
| Mobile Devices. Wobei die DFL für die Highlight-Berichterstattung grob mit | |
| zwei Szenarien plant: Beim klassischen läuft die Bundesliga weiterhin in | |
| der "Sportschau", beim modernen erst ab 21.45 Uhr im frei empfangbaren | |
| Fernsehen – hier gilt Online first. Durch die neuen Möglichkeiten der | |
| Internet-Vermarktung hofft die DFL, die Erlöse zukünftig auf 450 bis 500 | |
| Millionen steigern zu können. | |
| ## Strategiewechsel von Sky | |
| Aber das sind nicht alle Überlegungen. Neben dem Reingewinn aus dem | |
| Rechteverkauf spielt auch die Zuschauerreichweite eine Rolle, um die | |
| zahllosen Trikot-, Banden- und Krawattenschildsponsoren zufriedenzustellen. | |
| Denn wenn keiner deren Werbung wahrnimmt, zahlen die Sponsoren auch weniger | |
| an die Vereine. Sprich: ein Internetplayer müsste die 100 Millionen der ARD | |
| weitestgehend refinanzieren plus einen Betrag X, weil für die kommenden | |
| Jahre, trotz wachsender Smartphone- und DSL-Durchdringung, noch von einer | |
| geringeren Reichweite als bei der "Sportschau" ausgegangen werden muss. | |
| Dazu kommt ein Strategiewechsel von Sky. Der defizitäre Pay-TV-Anbieter | |
| hält die exklusiven Live-Fernsehrechte und ließ sie sich zuletzt rund 250 | |
| Millionen Euro kosten. Auch dieses Mal wird Sky darum mitbieten, Fußball | |
| ist ein wesentlicher Teil der Senderidentität. Doch während Sky in den | |
| vergangenen Jahren sogar noch Extra-Geld draufgelegt hätte, um die | |
| Bundesliga bis 22 Uhr aus dem Free-TV rauszuhalten und so sein eigenes | |
| Produkt exklusiver zu machen, ließ Sky-Deutschland-Chef Brian Sullivan | |
| jüngst verlauten, man hätte kein Problem mehr mit der "Sportschau". Aus | |
| dieser Richtung kann die DFL für ein Online-first-Szenario in der | |
| Highlight-Berichterstattung also keine Mehreinnahmen erwarten. | |
| Auch Kai Pahl, Autor des Sportmedien-Blogs [1][allesaussersport.de], glaubt | |
| aktuell nicht an ein solches Szenario. "Rein finanziell halte ich es für | |
| unwahrscheinlich, dass damit genügend verdient wird, um die Ausfälle im | |
| Sponsoring wieder gutzumachen", sagt Pahl. "Auf der anderen Seite steht der | |
| taktische Zwang der DFL, Online für die Zukunft als lukrative | |
| Medienplattform aufzubauen. Eine Möglichkeit wäre es, um 21.45 Uhr | |
| zeitgleich mit dem Free-TV umfangreiche Kurzberichte für das Internet | |
| freizugeben." | |
| ## Die Springerfrage | |
| Dass große Player wie Apple oder Google ausgerechnet auf dem deutschen | |
| Markt ins Sport-Broadcasting einsteigen, kann Pahl sich hingegen kaum | |
| vorstellen – das sei eher schon dem Axel Springer Verlag zuzutrauen. Der | |
| hat auf [2][bild.de] mit der Übertragung von Sportereignissen wie dem El | |
| Clásico zwischen Barcelona und Real Madrid bereits Erfahrungen mit der | |
| Infrastruktur gesammelt und könnte zahlreiche Synergie-Effekte mit dem | |
| konzerneigenen Medienzoo nutzen. Allzu hoch ist die Wahrscheinlichkeit auch | |
| hierfür wohl nicht, denn auch Springer dürfte noch keinen Plan haben, wie | |
| sich eine derartige Investition zum heutigen Zeitpunkt amortisieren könnte. | |
| Aber als Schlagzeile wäre das natürlich am allerschönsten: "Bild killt die | |
| Sportschau". | |
| Obwohl: Quatsch. Die "Sportschau" würde natürlich gar nicht sterben. Wie | |
| könnte sie? Sie hat schließlich auch das 15-jährige Moratorium überlebt, | |
| als die Bundesliga von 1988 bis 2003 erst bei RTL und dann auf Sat.1 lief. | |
| Sie ist die Dachmarke der gesamten Sportaktivitäten der ARD, von Olympia, | |
| Länderspielen und unzähligen Wintersport-Weltcups. Nein, die "Sportschau" | |
| würde nicht verschwinden. Sie würde sich nur ändern. | |
| Denn ein Verlust der Bundesliga-Rechte wäre auch eine Chance für die ARD. | |
| Eine Chance, sich wieder an ihren Grundversorgungsauftrag zu erinnern – und | |
| daran, dass es neben Fußball noch Dutzende weitere Sportarten gibt, die | |
| viele Menschen in Deutschland betreiben und mögen, die aber nur genau alle | |
| vier Jahre mal im Fernsehen gezeigt werden. Und vielleicht gibt es so | |
| irgendwann wieder eine "Sportschau" mit Frauenhandball, Trabrennen und | |
| Rudern. Damit sollten auch Nostalgiker zufrieden sein: denn exakt diese | |
| Disziplinen waren Teil der allerersten "Sportschau" am 4. Juni 1961. | |
| Fußball wurde nicht gezeigt. | |
| 3 Feb 2012 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.allesaussersport.de/ | |
| [2] http://bild.de | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Brake | |
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