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# taz.de -- Kommentar Schlossparkräumung S21: Mehr als verbohrte Wutbürger
> Die Gegner von S21 haben eine Debatte über direkte Demokratie entfacht.
> Protest endet nicht, wenn die Mehrheit anderer Meinung ist. Noch ist die
> Sache nicht vorbei.
Momentan werden im Herzen einer deutschen Großstadt Bäume gefällt, die ein
Wahrzeichen, fast schon eine Legende sind. Gerodet wegen eines
Bahnprojektes. Die Rede ist von Berlin-Mitte am berühmten Boulevard Unter
den Linden fallen 54 Bäume wegen des Weiterbaus der U-Bahnlinie 5. Wo
bleibt eigentlich Robin Wood?
Sprung nach Stuttgart, auch dort wird wegen eines Bahnprojektes gefällt, im
Schlosspark, ältere und mächtigere Bäume als in Berlin. In Stuttgart
demonstrieren Tausende dagegen, ketten sich an, sitzblockieren, tragen die
Pflanzen fast zu Grabe und von außen betrachtet könnte man fragen: Wozu der
Bohei? Bäume werden ständig und überall gerodet. Es geht weder um den
Erhalt des Regenwaldes noch darum, die Stationierung von
Pershing-II-Raketen zu verhindern. Es geht schließlich nur um einen
Bahnhof.
Das ist die polemische Außensicht der Dinge: Verbohrte, unbelehrbare
Wutbürger, die selbst nach einer verlorenen Volksabstimmung um das
Milliardenprojekt Stuttgart 21, genau genommen ein Komplettumbau des
Bahnverkehrs rund um die Stadt, nicht aufhören auf die Straße zu gehen.
Warum sollten sie auch? Protest endet nicht, wenn die Mehrheit eine andere
Meinung vertritt. Und sinnvoller ist Stuttgart 21 dadurch nicht geworden.
Haben die Bahnhofsgegner nun also verloren? Das ist eine Frage der
Perspektive. Sicherlich mit ihrem unmittelbaren Ziel, den Bau von Stuttgart
21 zu verhindern. Gleichzeitig ist das, was in Stuttgart in den letzten
drei Jahren passierte, ein Demokratiemärchen. Aus einer winzigen Schar von
BürgerInnen, die Mitte der 90er Jahre Flugblätter gegen Stuttgart 21
verteilten, sind zwischenzeitlich fast 100.000 geworden, die zu Hochzeiten
des Protests auf die Straße gingen. Sie haben mit dafür gesorgt, dass nach
53 Jahren die CDU aus der Landesregierung flog.
Sie haben eine bundesweite Diskussion über Bürgerbeteiligung und direkte
Demokratie entfacht. Auch sie haben gezeigt, wie politische
Entscheidungsträger einen Apparat von Experten Instrumentalisieren können,
um ihre eigenen Prestigeprojekte durchzudrücken. Auch wenn es ein frommer
Wunsch bleibt: Bitte nie wieder ein Großprojekt wie Stuttgart 21
durchprügeln, ohne dass öffentliche Stellen ernsthaft Alternativen prüfen.
Ja, es wurden Varianten durchgespielt. Vor 20 Jahren, ohne öffentliche
Beteiligung und ohne politische Unterstützung.
Übrigens: Vorbei ist die Sache noch lange nicht. Stuttgart 21 wird
wesentlich mehr kosten, als die anvisierten maximalen 4,5 Milliarden Euro.
Dass sich Landesregierung und Bahn irgendwann vor Gericht sehen, um darüber
zu streiten, wer die Mehrkosten trägt – eine Frage der Zeit. Ein Zurück
wird es dann nicht mehr geben.
15 Feb 2012
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Schwerpunkt Stuttgart 21
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