# taz.de -- Jahrestag des Revolutionsbeginns in Libyen: Sie wollen den Erfolg d… | |
> In Tripolis herrscht gute Stimmung bei den Feiern zu Beginn der | |
> Revolution vor einem Jahr. Trotz aller Schwierigkeiten überwiegt die | |
> Zuversicht auf eine bessere Zukunft. | |
Bild: Mal keine Waffen im Bild: Feier in Tripolis. | |
TRIPOLIS taz | Keine offizielle Feier, aber viel spontane Freude. An vielen | |
Ecken in Tripolis wurde am Jahrestag des Beginns des Aufstandes gegen | |
Gaddafi gefeiert. Schon in den Nachmittagsstunden bildeten sich Autokorsos, | |
die hupend durch die mit revolutionären Nationalflagge geschmückten Straßen | |
fuhren. Freiwillige hatten zuvor viele der Straßen gefegt. | |
Die ersten Menschen versammeln sich auf dem Platz der Märtyrer im Zentrum | |
der Stadt, viele Familien sind gekommen. "Zu Gaddafis Zeiten haben sie uns | |
bezahlt, heute kommen wir freiwillig", sagt einer der Besucher. Erwartet | |
wird eine lange Nacht auf dem Platz. | |
Begonnen haben die spontanen Feiern nach dem Freitagsgebet zum Jahrestag | |
der Revolution. "Mit der Revolution kommt auch die Verantwortung", hatte | |
der Imam in der großen Moschee am Algerienplatz gepredigt. Im Aurora Cafe, | |
direkt neben der Moschee, haben sich vier ältere Herren versammelt. "Zu | |
Zeiten Gaddafis saßen wir hier zusammen und haben nur miteinander | |
getuschelt", erzählt Saleh El-Ferjani. Der 65-jährige gehörte früher einem | |
Spezialkommando Gaddafis an. Aber das ist lange her. "Ich habe die Stimmung | |
im Land unter Gaddafi einfach nicht mehr ausgehalten. Das war wie wenn man | |
durch einen dunklen Tunnel wandert und mit der Revolution sieht man wieder | |
Licht", sagt er. | |
Heute sei ein gesegneter Tag, weswegen er später mit seiner Frau und seinen | |
sechs Kindern zum Platz feiern gehen wird. Das wichtigste sei jetzt, dass | |
die jungen Rebellen ihre Waffen abgeben und wieder zurück in ihre zivilen | |
Berufe gehen, um dort das Land voranzubringen, glaubt er. Und natürlich | |
müsse man jetzt endlich die staatlichen Institutionen in Gang bringen und | |
dann ein Parlament und einen Präsidenten wählen. Natürlich geht das alles | |
nicht von heute auf morgen und es gibt sicherlich viele Probleme, mischt | |
sich sein Freund ein. "Beim Rasieren kann man sich auch schneiden", fasst | |
er die Lage zusammen. | |
## Chaos und Zuversicht | |
Aus der Moschee kommt Amjad Schibli, mit seinen bescheidenen 25 Jahren ist | |
er Oberst in der neuen Armee. "Der erste glücklichste Tag in meinem Leben, | |
war der, an dem Gaddafi umgekommen ist, der zweite ist heute, weil dieser | |
Tag für mich ein Symbol dafür ist, dass die Unterdrückung zu Ende ist", | |
erklärt er. Sicherlich sei die Lage noch nicht stabil, aber das sei doch | |
typisch für den Übergang. "Das ist eine Revolution des Optimismus, | |
schließlich habe das Land auch die Ressourcen, um neu aufgebaut zu werden", | |
sagt er. | |
"17. Februar", das Datum des Beginns der Revolution steht auf einer Keule, | |
die gerade auf den Kopf Gaddafis niedersaust. Daneben steht ein Rebell und | |
feuert mit seiner Kalaschnikow auf den Diktator. Eines der zahllosen | |
Wandgemälde, in der in der libyschen Hauptstadt Tripolis die Revolution | |
verewigt wurde. Stolz kommt der Künstler aus einem der benachbarten Läden | |
gelaufen. "Ich habe das bereits gemacht, da wurde am Ende der Straße noch | |
gekämpft, aber die Leute des Viertels haben mich geschützt", erzählt Rabie | |
Qadar. | |
Schon in den Wochen zuvor, als Tripolis noch fest in den Händen der | |
Gaddafi-Schergen war, hatte er sich auf diesen Moment vorbereitet, hatte | |
das Werk mehrmals zu Papier gebracht, und sich die Farben besorgt. "Ich | |
kann dir gar nicht beschreiben, wie froh ich bin, den losgeworden zu sein", | |
sagt der junge Mann und deutet auf Gaddafi, der die Zähne zusammenbeißt und | |
vom Schlag der Keule getroffen eine Grimasse zieht. "Sicherlich ist es | |
heute noch etwas chaotisch, aber das ist normal. Das ist die Übergangszeit. | |
Am Ende", prophezeit er, "werden wir in einem viel besseren Libyen leben". | |
17 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Karim Gawhary | |
Karim El-Gawhary | |
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