| # taz.de -- Die Grünen und Gauck: Ja, aber | |
| > Die Grünen-Spitze zeigt sich stolz, dass Gauck angeblich ihre Idee war. | |
| > Doch an der Basis und im Bundestag gibt es viel Unmut: nicht alle wollen | |
| > für ihn stimmen. | |
| Bild: Grünen-Spitze mit ihrem kandifaten im Sommer 2010: Da herrschte noch eit… | |
| BERLIN taz | Der Grünen-Fraktionssprecher für Integration, Memet Kilic, | |
| wird Joachim Gauck am 18. März nicht seine Stimme geben. Und Christian | |
| Ströbele, linker Flügelmann, will Gauck nur wählen, wenn der sich klar von | |
| Sarrazin distanziert. | |
| Kritik an dem Kandidaten, auf dessen Nominierung der Grünen-Chef Jürgen | |
| Trittin das Copyright beansprucht, kommt vor allem, aber nicht nur von | |
| Migranten in der Partei. Markus Kurth, der für die Grünen im Bundestag | |
| sitzt, bescheinigt Gauck zwar eine "beeindruckende Persönlichkeit". | |
| Sarrazin "mutig" zu nennen hält er aber "für völlig daneben", denn der habe | |
| "kalkuliert rassistische Vorurteile bedient", so Kurth zur taz. | |
| Andere sind moderater. Josef Winkler, flüchtlingspolitischer Sprecher der | |
| Grünen im Bundestag, bekennt, er habe "kein Problem, Gauck zu wählen". Er | |
| hofft auf eine Rede zur Integration und erwartet, dass der Ostdeutsche | |
| "dabei für eine positive Überraschung sorgt". | |
| ## Knackpunkte Integration, Soziales und Nation | |
| Das Unbehagen geht freilich nicht nur auf Gaucks Haltung in | |
| Integrationsfragen zurück. Manche fürchten, dass der neue Präsident den | |
| Grünen bei den Themen Sozialprotest und Nationalstolz noch viel | |
| Kopfzerbrechen bereiten wird. Deutliche Worte findet Wolfgang | |
| Strengmann-Kuhn, der sozialpolitische Sprecher der Fraktion. "Wenn Menschen | |
| auf die Straße gehen, die Demokratie und Freiheit durch die Finanzmärkte | |
| gefährdet sehen, darf man das nicht albern bezeichnen", so Strengmann-Kuhn | |
| zur taz. Gauck solle das Engagement von Occupy & Co lieber "positiv | |
| würdigen". | |
| Ja, aber - so lässt sich die Stimmung in der Bundestagsfraktion | |
| zusammenfassen. Bei den Grünen in den Bundesländern ist der Unmut noch | |
| größer: "Herr Gauck muss Stellung nehmen zu den Vorbehalten, die es gegen | |
| ihn gibt", findet Özcan Mutlu, der für die Grünen im Berliner | |
| Abgeordnetenhaus sitzt. "Er sollte zeigen, dass er der Präsident aller | |
| Menschen sein will, die in unserem Land leben - auch der Einwanderer. Heute | |
| sind solche Signale wichtiger denn je." | |
| Und auch Sven Lehmann, Chef des NRW-Landesverbandes, fordert von Gauck eine | |
| Klarstellung, "dass er für Freiheits- und Bürgerrechte von Migranten und | |
| Flüchtlingen eintritt". Gauck müsse keine grünen Positionen vertreten, so | |
| Lehmann. Aber "Debatten fördern, in denen Grüne - wenn nötig - | |
| widersprechen". Sven Giegold, einst Attac-Aktivist, heute grüner | |
| Europaparlamentarier, differenziert: "Gauck hat mehrmals, etwa bei Hartz IV | |
| und Occupy, kräftig danebengelegen", so Giegold zur taz. "Er ist aber lange | |
| nicht so schwarz, wie er derzeit gemalt wird." | |
| Wie viele Grünen-Abgeordnete bei der Abstimmung am Ende Nein zu Gauck sagen | |
| werden, ist offen. Manche wollen Gaucks Auftritt in der Fraktion abwarten, | |
| der für nächste Woche geplant ist. So schlimm wie bei Afghanistan wird es | |
| schon nicht werden, witzeln manche. Bei der Verlängerung des Isaf-Mandats | |
| hatten die Bundestagsfraktion zuletzt kunterbunt mit Ja, Nein und | |
| Enthaltung gestimmt. | |
| Mitarbeit: Pascal Beucker | |
| 22 Feb 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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