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# taz.de -- Joachim Gauck startet Parteienbesuche: NRW-CDU findet Gefallen an G…
> Bei der CDU in Nordrhein-Westfalen hat Gauck seine Parteienbesuche
> gestartet. Die Konservativen sind begeistert und verzichten auf kritische
> Nachfragen.
Bild: Norbert Röttgen (l.) mit seinem "Präsident der Herzen".
HAMMINKELN taz | Norbert Röttgen ist sichtlich gut gelaunt. Mehr als zwei
Stunden hat Gauck den Christdemokraten an Rhein und Ruhr am Samstag die
Ehre gegeben - nun ist er auch ihr "Präsident der Herzen". Er habe
"wirklich Eindruck gemacht", schwärmt Röttgen danach von dem "absolut
starken, überzeugenden Auftritt".
"Muttis Bester", wie Röttgen von manchen spöttisch genannt wird, genießt
seinen Coup. Seit dem AKW-Ausstiegsbeschluss war es ruhig um ihn geworden.
Umso beherzter ergriff er nach Gaucks Nominierung die Gelegenheit, sich zu
profilieren: Mit seiner Autorität als Vorsitzender jenes
CDU-Landesverbands, der das größte Kontingent an Wahlfrauen und -männern in
die Bundesversammlung entsenden wird, lud Röttgen am Dienstag letzter Woche
den Konsenskandidaten der schwarz-gelb-rot-grünen Einheitsfront ins
niederrheinische Hamminkeln-Marienthal ein.
Damit sicherte er sich Gaucks ersten Auftritt auf einer
Parteiveranstaltung, seit der für das Bundespräsidentenamt nominiert wurde
- inklusive des absehbaren Medieninteresses.
Journalisten aus der ganzen Republik sind in das beschauliche Klosterdorf
gekommen, unzählige Kamerateams tummeln sich vor dem Tagungshotel. Zu sehen
und zu hören bekommen sie nicht viel. Nur zwei, drei Sätze bei Ankunft und
bei Abfahrt, mehr ist von Gauck nicht drin. "Sie können davon ausgehen,
dass ich nicht nur Ihnen, sondern auch anderen Journalisten in den nächsten
Wochen nichts über diese ganze Kalamität mit dem Präsidentenamt sagen
werde", gibt sich der Stargast kurz angebunden.
Dafür ist er hinter den verschlossenen Türen umso gesprächiger. Für eine
Stunde war sein Meinungsaustausch mit dem Funktionären der NRW-CDU
ursprünglich angesetzt - er dauert doppelt so lange. Beendet haben soll er
seinen Redefluss über Gott und die Welt mit dem Satz: "Ich habe noch viel
zu sagen." Das steht zu befürchten.
## Kritische Fragen? Nix gehört
Anschließend überschlagen sich die Parteipotentaten geradezu vor
Begeisterung. "Was er gesagt hat und wie er es gesagt hat, hat mich tief
beeindruckt", frohlockt CDU-Landtagsfraktionschef Karl Josef Laumann. Zum
Abschluss habe Gauck "tosenden Applaus" bekommen, jubiliert
CDU-Landesgeneralsekretär Oliver Wittke. "Da ist ein Funken
übergesprungen."
Auch Gauck zieht zufrieden Bilanz: "Bei genauerem Hinsehen auf die Inhalte,
über die ich gesprochen habe, bei der Betrachtung der Werte, denen ich mich
verpflichtet fühlte, gibt es für die allermeisten in der Union keine großen
Probleme mit mir." Gab es auch kritische Fragen? "Habe ich keine gehört."
Dann entschwindet er ganz staatsmännisch in einer gepanzerten schwarzen
Limousine.
So verpasst Gauck den Aufritt der NPD. Um dem ostdeutschen Pfarrer zu
demonstrieren, dass es auch im tiefsten Westen Neonazis gibt, bietet sie
vier Skinheads mit einen Transparent und mehreren Fähnchen der braunen
Partei auf. Doch sie kommen zu spät. Norbert Röttgen verliert über die
ungebetenen Gäste kein Wort.
Stattdessen präsentiert er stolz die Liste der Wahlmänner und Wahlfrauen,
welche seine Landes-CDU zur Präsidentenwahl nach Berlin schicken will. Mit
dabei ist Mevlüde Genç, die beim Solinger Brandanschlag 1993 zwei Töchter
und zwei Enkelinnen verloren hat. Und Alice Schwarzer: Auch die
Emma-Herausgeberin werde selbstverständlich Gauck wählen, verspricht
Röttgen.
26 Feb 2012
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Beate Klarsfeld
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