# taz.de -- Geheimdienste überwachten E-Mailverkehr: Schlagwort "Bombe" | |
> Im Jahr 2010 überprüften deutsche Geheimdienste mehr als 37 Millionen | |
> E-Mails. Verwertbare Hinweise gab es jedoch nur in 213 Fällen. | |
Bild: Ob der Geheimdienst den Posteingang schon kontrolliert hat? | |
BERLIN afp | E-Mails und Internet-Kommunikation geraten zunehmend ins | |
Visier der Geheimdienste. Im Jahr 2010 seien mehr als 37 Millionen E-Mails | |
und Datenverbindungen überprüft worden, berichtete die Bild-Zeitung am | |
Samstag unter Berufung auf neue Berichte des Parlamentarischen | |
Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestages. Aus dem Bundeskanzleramt wurde die | |
hohe Zahl der erfassten Mails auch mit dem Anstieg sogenannter Spam-Mails | |
begründet. | |
Dem Bild-Bericht zufolge wurden 2010 genau 37.292.862 E-Mails und | |
Internet-Kommunikationen überprüft, weil darin bestimmte Schlagwörter wie | |
beispielsweise "Bombe" vorgekommen seien. Damit habe sich die Zahl im | |
Vergleich zum Vorjahr mehr als verfünffacht: 2009 gab es demnach rund 6,8 | |
Millionen Überprüfungen gewesen. Trotz der deutlich intensiveren | |
Überwachung gab es 2010 aber nur in 213 Fällen tatsächlich verwertbare | |
Hinweise für die Geheimdienste, berichtete die Zeitung unter Berufung auf | |
die PKGr-Berichte. | |
Das Parlamentarische Kontrollgremium kontrolliert die Tätigkeit der | |
Nachrichtendienste des Bundes, das sind das Bundesamt für Verfassungsschutz | |
(BfV), der Bundesnachrichtendienst (BND) und der Militärische | |
Abschirmdienst (MAD). Alle Dienste dürfen den Datenverkehr durchforsten, um | |
Terroristen, Waffenschieber oder Schleuser-Banden aufzuspüren. | |
Dem Bild-Bericht zufolge durchstöberten die Dienste 2010 den E-Mail- und | |
Datenverkehr nach etwa 2000 Schlagwörtern aus dem Bereich Terrorismus, nach | |
13.000 Suchwörtern im Bereich Rüstung und etwa 300 Begriffen im | |
Zusammenhang mit illegaler Schleusung. Gesunken sei indes die Zahl der | |
Auskunftsverlangen gegenüber Banken, Post oder Luftverkehrsunternehmen. Der | |
PKGr-Statistik zufolge gab es 2010 davon nur 85, acht weniger als 2009. In | |
den meisten Fällen sei es um Anfragen an Telekommunikationsdienste zur | |
Herausgabe der Daten von Handy- oder Telefon-Nutzern gegangen. | |
Fachleute des Bundeskanzleramts bestätigten am Samstag die in dem Bericht | |
genannten Zahlen. Der Bericht beziehe sich auf die sogenannte strategische | |
Fernmeldeaufklärung, bei der durch automatische technische Filter nach | |
bestimmten Begriffen gesucht werde. Dies sei "keine konkrete inhaltliche | |
Überwachung". Die Suchbegriffe würden zuvor durch die G-10-Kommission | |
geprüft und genehmigt. Diese Bundestagskommission muss | |
Überwachungsmaßnahmen der Geheimdienste in der Telekommunikation zustimmen. | |
Den Anstieg bei der Erfassung von E-Mails begründeten die | |
Kanzleramtsexperten vor allem mit "der rapiden Zunahme von Spam-Verkehren". | |
Diese machten einen Großteil der erfassten Telekommunikation aus. | |
Mehrere Parteien im Bundestag forderten eine Überprüfung der Praxis. Die | |
innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, forderte eine | |
Überprüfung der derzeitigen Geheimdienstpraxis. Das "eklatante | |
Missverhältnis" zwischen überwachten E-Mails und tatsächlichen | |
Anhaltspunkten sei nicht nur rechtsstaatlich fragwürdig, sondern stelle die | |
Effektivität der Arbeit der Nachrichtendienste in Frage. | |
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast forderte eine deutliche | |
Präzisierung der Suchbegriffe, "damit Aufwand und Ertrag wieder in ein | |
besseres Verhältnis kommen". Künast sprach sich zudem für eine Reform des | |
Gesetzes über die Kontrolle der Geheimdienste aus, um "mehr | |
parlamentarische Mitwirkung zu gewährleisten". Der Linken-Abgeordnete Jan | |
Korte warf den Geheimdiensten im SWR eine von Jahr zu Jahr steigende | |
"Kontrollwut" vor. | |
26 Feb 2012 | |
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