| # taz.de -- Beschluss des Verfassungsgerichts: Kein Recht auf anonyme Telefonate | |
| > Das Bundesverfassungsgericht gibt einer Klage gegen das | |
| > Telekommunikationsgesetz nur teilweise statt. Die Auskunft von | |
| > IP-Adressen muss neu geregelt werden. | |
| Bild: Handys dürfen nicht ohne weiteres ausgelesen werden. | |
| BERLIN taz | Wenn die Polizei weiter auf PIN-Geheimnummern von | |
| Mobiltelefonen zugreifen will, muss der Bundestag nachbessern. Das gilt | |
| auch für die Zuordnung von IP-Adressen zu realen Personen. Das hat das | |
| Bundesverfassungsgericht jetzt beschlossen. Die Identifizierungspflicht für | |
| vorbezahlte Mobilfunkkarten verstößt dagegen nicht gegen das Grundgesetz. | |
| Geklagt hatte der Bürgerrechtler Patrick Breyer. Er ist juristischer | |
| Vordenker des AK Vorrat, der die anlasslose Speicherung aller Telefon- und | |
| Internetverbindungsdaten bekämpft. Derzeit kandidiert er für die | |
| Piratenpartei auf Platz 4 der Liste für die Kieler Landtagswahlen. | |
| Schon 2005 klagte er gegen eine rot-grüne Änderung des | |
| Telekommunikationsgesetzes. Seitdem müssen die Nutzer von | |
| Prepaid-Mobilfunkkarten beim Kauf ihre Personalien angeben. Breyer hält das | |
| aber für unverhältnismäßig. Den Bürgern werde so das Recht auf anonyme | |
| Kommunikation genommen. Dies sei auch unnötig, denn Kriminelle könnten sich | |
| unregistrierte Mobilfunkkarten sowieso leicht im Ausland besorgen. | |
| Das Bundesverfassungsgericht hat nun zwar bekräftig, dass es keine | |
| Vorratsdatenspeicherung "zu unbestimmten und noch nicht bestimmbaren | |
| Zwecken" geben darf. Eine anlasslose Speicherung für die Zwecke von Polizei | |
| und Verfassungsschutz sei jedoch zulässig, so die Richter. Die Behörden | |
| seien "darauf angewiesen, Telekommunikationsnummern individuell zuordnen zu | |
| können". | |
| Generell akzeptierte das Bundesverfassungsgericht die automatisierte | |
| Auskunft über die Daten der Telefon- und Internetkunden, die sogenannte | |
| Bestandsdatenauskunft. Täglich wird zehntausendfach abgefragt, welche | |
| Person mit welcher Adresse hinter einer Telefon- oder IP-Nummer steckt. | |
| ## Eingriff in die Grundrechte | |
| Patrick Breyer will das Karlsruher Urteil nun beim Gerichtshof für | |
| Menschenrechte in Straßburg angreifen. Er verweist darauf, dass 21 von 27 | |
| EU-Staaten keine Identifizierungspflicht für Prepaid-Mobilfunkkarten | |
| vorsehen. Erfolg hatte seine Klage aber in zwei anderen Punkten. So stellte | |
| Karlsruhe nun klar, dass die derzeitige Auskunftsregelung nicht die | |
| IP-Adresse erfasst, die jeweils bei der Einwahl ins Internet neu vergeben | |
| wird. | |
| Die Zuordnung der IP-Adresse zu einem realen Namen sei ein Eingriff ins | |
| Grundrecht auf Telekommunikationsfreiheit, weil hierbei auch die | |
| Verbindungsdaten auszuwerten sind, so die Richter. Ein Eingriff in dieses | |
| Grundrecht ist zwar per Gesetz möglich, dabei muss aber das Grundrecht | |
| zitiert werden - was hier versäumt wurde. Der Bundestag hat bis Ende Juni | |
| 2013 Zeit, das Zitiergebot zu erfüllen. Bis dahin dürfen IP-Adressen weiter | |
| zugeordnet werden. | |
| Beanstandet hat Karlsruhe auch die Regelung zur Auskunft über | |
| Zugangssperren. Es geht vor allem um PIN-Codes, etwa für Handys und | |
| E-Mail-Konten. Es fehle eine Eingrenzung, für welche Zwecke die Behörden | |
| die PIN-Codes nutzen dürfen. Auch hier räumte Karlsruhe Behörden und | |
| Politik eine Übergangsfrist bis Ende Juni 2013 ein. | |
| 24 Feb 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Überwachung | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |