# taz.de -- Nachwehen des britischen Hacking-Skandals: Sonntag ist ein Sonnentag | |
> Murdoch-Offensive: Nachdem die britische Polizei mehrere | |
> Boulevardjournalisten verhaftet hat, die für die "Sun" gearbeitet haben, | |
> kündigt der Medienmogul ein neues Blatt an. | |
Bild: Promobild zur Promotour: Rupert Murdoch zu Gast bei seiner "Sun". | |
"Wir werden uns an die Gesetze halten", schreibt der alte Mann treuherzig – | |
und wird dann knallhart und verspricht, alles zu tun, "um denen zu helfen, | |
die verhaftet wurden". Daher seien jetzt auch "alle Suspendierungen vom | |
Dienst aufgehoben bis wirklich Anklage erhoben wird". Die Betroffenen seien | |
"an ihren Arbeitsplätzen wieder willkommen", ihre Anwaltskosten würden von | |
der Firma übernommen: "Jeder ist unschuldig, bis das Gegenteil bewiesen | |
ist", schreibt Rupert den MitarbeiterInnen seiner Londoner Boulevardzeitung | |
Sun in einer E-Mail. | |
Dass sich das ein bisschen wie bei einem Mafia-Boss liest, passt – | |
schließlich wurde Murdoch in der andauernden Schlacht um den Abhörskandal | |
bei seiner im letzten Sommer eingestellten Londoner Sonntagszeitung News of | |
the World auch von Politikern als Medien-Mafioso hingestellt. | |
Doch nach den jüngsten Verhaftungen einer Reihe von Top-Journalisten der | |
Sun schießt der News Corp.-Chef zurück. Und mehr noch: Murdoch macht auch | |
am Sonntag wieder auf. "Wir werden an die stolze Tradition der täglichen | |
Sun anknüpfen und die Sun on Sunday sehr bald starten", schreibt Murdoch. | |
Es sei "unsere Pflicht, eine der meistgelesenen Zeitungen der Welt | |
auszubauen und noch mehr Leute als bisher zu erreichen". Außerdem, so | |
Murdoch, sei eine gut gemachte Zeitung "die beste Antwort auf unsere | |
Kritiker". | |
Was Murdoch allerdings verschweigt: Es geht auch um Geld, viel Geld. | |
Schließlich war die News of the World Marktführer im harten Wettbewerb der | |
nationalen Sonntagszeitungen und verkaufte sich zuletzt knapp 2,7 Millionen | |
mal pro Ausgabe. Vom Ende der NoW haben die Sonntagsausgaben der anderen | |
Boulevardblätter – allen voran der Sunday Mirror (Auflage aktuell 1,7 | |
Millionen Exemplare), The People (780.000 Exemplare) und der Daily Star | |
Sunday (640.000 Exemplare) profitiert. | |
## Neuer Preiskrieg? | |
Und das, obwohl nach Schätzungen britischer Medienexperten rund die Hälfte | |
der NoW-Leser derzeit gar keine andere Sonntagszeitung kaufen. Gerade die | |
will Murdoch nun mit der Sun on Sunday zurückgewinnen. War bislang mit | |
einem Start Ende April gerechnet worden, soll dieser Termin nun nach | |
Berichten des Guardian um mehrere Wochen vorgezogen werden. Insider rechnen | |
mit einem neuen Preiskrieg, schreibt das Blatt – der für Murdoch um so | |
teurer werden könnte, da die Anzeigenumsätze auch im britischen Markt | |
weiter rückläufig sind. | |
Doch der News Corp.-Boss gibt sich gewohnt kämpferisch: Er werde nun für | |
mehrere Wochen in London bleiben, um den Sun-JournalistInenn seine | |
"unverbrüchliche Unterstützung" zu beweisen, schreibt Murdoch weiter. Dass | |
er sein weltweites Medienimperium jetzt aus der britischen Hauptstadt | |
lenken muss, obwohl er dafür zuletzt immer New York bevorzugte, zeigt wie | |
ernst die Lage ist. Von einer "drohenden Revolte im Newsroom der Sun" war | |
vergangene Woche in Konkurrenzblättern zu lesen. | |
Und nicht nur die jetzt auch voll im Visier des Phonehacking-Skandals | |
stehenden JournalistInnen der Sun machen Front gegen die "Überreaktion der | |
Polizei". Auch ein führender Jurist erklärte nun, die Art und Weise, wie | |
Murdochs Offizielle mit den Ermittlern zusammenarbeiteten, laufe daraus | |
hinaus, "das Schild, das der Presse vom Parlament zum Schutz ihrer | |
Informanten und Quellen gegeben worden ist, einfach wegzuwerfen". | |
## "Sun shining in London" | |
Der Police and Criminal Evidence Act 1984, auf den sich Murdoch berufe, | |
sehe hier keine Auskunftspflicht vor, zitiert der Guardian den | |
Menschenrechtsanwalt Geoffrey Robertson. Die Vorgänge könnten sich weit | |
über den Phonehacking-Skandal bei Murdochs Blättern hinaus als "schwerer | |
Schlag gegen investigative Journalismus erweisen", da man hier besonders | |
auf Informantenschutz angewiesen sei. | |
Murdoch selbst kündigte dagegen an, den Behörden auch weiterhin alle | |
Unterlagen zur Verfügung zu stellen: „Wir werden jedes Beweisstück | |
übergeben, das wir finden können – nicht nur, weil es unsere Pflicht ist, | |
sondern weil es richtig ist“, heißt es in seiner E-Mail. Denn schließlich | |
soll der Skandal möglichst nicht auch noch den Start der Sun on Sunday | |
überschatten, der nicht mehr fern ist: Während im grauen Berlin am | |
Sonntagmorgen diese Zeilen geschrieben werden, twittert Rupert Murdoch mit | |
feiner Doppeldeutigkeit aus der britischen Hauptstadt: "Miracles do happen! | |
Sun shining in London." Ein Schelm, wer Arges dabei denkt.... | |
19 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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News of the World | |
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