# taz.de -- Keine Beweise für Atomwaffen in Iran: Die Propaganda der Republika… | |
> Die Geheimdienste wissen nicht, ob der Iran Atomwaffen baut. Trotzdem | |
> wird der Ton der Debatte schriller, der Konflikt beeinflusst die | |
> US-Präsidentschaftswahl. | |
Bild: Israelische Soldaten bei der Simulation eines Raketenangriffs in Holon be… | |
Die 16 US-Geheimdienste haben nach wie vor „keine Beweise dafür, dass Iran | |
Atomwaffen bauen will“. So heißt es in der bislang vertraulichen | |
gemeinsamen Einschätzung vom Frühjahr 2011, über die Los Angeles Times und | |
New York Times am vergangenen Wochenende berichteten. Die Einschätzung sei | |
nach wie vor gültig, so Präsident Barack Obamas Geheimdienstdirektor James | |
Clapper und CIA-Direktor David Petraeus am 31. Januar diesen Jahres vor dem | |
Senat. | |
Doch das wird die Debatte über Irans Atomwaffen und geeignete Maßnahmen | |
dagegen kaum beenden. Im Gegenteil, das Kriegsgeschrei tönt lauter als je | |
zuvor seit 2003, als iranische Oppositionelle erstmals Beweise für eine | |
geheime, unterirdische Anlage zur Urananreicherung in Iran vorlegten (siehe | |
Spalte). Dazu tragen das Verhalten Teherans und Jerusalems ebenso bei wie | |
Unzulänglichkeit und Widersprüchlichkeit geheimdienstlicher Erkenntnisse | |
und unseriöse Medienberichte. | |
Verschärfend kommt hinzu, dass der Konflikt den Ausgang der | |
US-Präsidentschaftswahl beeinflusst. Für die Republikaner und ihre Medien | |
ist Iran das zentrale außenpolitische Thema. Obama wird als „Weichei“, | |
„Verräter der sicherheitspolitischen Interessen der USA“ und „Freund der | |
Mullahs“ denunziert. Und die liefern den Wahlkämpfern ständig neue | |
Munition: Etwa mit dem forcierten Programm zur Urananreicherung oder der | |
Weigerung, Inspektoren der Internationalen Atomenergieorganisation IAEA den | |
Zugang zur Militäranlage Parchin zu gewähren. | |
## Forderung nach "hartem Kurs" | |
Mit Ausnahme des chancenlosen Ron Paul fordern alle | |
Präsidentschaftsbewerber einen „harten Kurs“ und ein militärisches Vorgeh… | |
gegen Iran. Eine Wiederaufnahme von Verhandlungen mit Teheran, die derzeit | |
in Washington, den Hauptstädten der anderen vier ständigen Mitglieder des | |
UNO-Sicherheitsrates und in der EU erwogen wird, lehnen nicht nur | |
Republikaner entschieden ab. „Das wäre eine gefährliche Ablenkung und würde | |
Teheran nur noch mehr Zeit zur Entwicklung der Atombombe geben“, so | |
republikanische und demokratische Kongressabgeordnete vergangene Woche in | |
einem Brief an den Präsidenten. | |
Die Propaganda wirkt. Zumal nicht nur Fox News und andere | |
rechtspopulistische Medien, sondern auch seriöse Zeitungen wie die New York | |
Times und die Washington Post Behauptungen über angebliche Atomwaffen des | |
Iran als Fakten verbreiteten – wofür beide öffentlich von ihren | |
Ombudsmännern gerügt wurden. Laut einer Umfrage des Pew-Instituts von Mitte | |
Februar befürworten 58 Prozent der US-AmerikanerInnen ein militärisches | |
Vorgehen gegen Iran – trotz der beiden kostspieligen, verlustreichen | |
Kriegsabenteuer in Afghanistan und Irak und der US-Wirtschaftskrise, die | |
diese erheblich verschärfen. | |
Ein Krieg gegen Iran würde – unabhängig von seinem Ausgang – zu einer | |
drastischen Erhöhung der Ölpreise führen. Damit wäre die ohnehin fragile | |
Erholung der US-Wirtschaft vorbei, die Arbeitslosenzahlen würden wieder | |
steigen. Das könnte Obama den Wahlsieg am 6. November kosten. Die größte | |
Sorge in der US-Regierung ist, dass Israel im Alleingang gegen Irans | |
Atomanlagen losschlagen könnte – und Washington dann nach einer | |
militärischen Reaktion Teherans unter Zugzwang gerät, aufseiten Jerusalems | |
in den Krieg gegen Iran einzugreifen. | |
Die Regierung von Premier Benjamin Netanjahu reklamiert seit Monaten diese | |
Notwendigkeit – und das „Recht“ Israels, militärisch gegen die angebliche | |
Bedrohung durch Iran vorzugehen. Seinen US-Besuch Anfang März, unmittelbar | |
vor den republikanischen Vorwahlen in zehn Bundesstaaten am Dienstag | |
nächster Woche, wird Netanjahu erneut für diese Botschaft nutzen. Und so | |
Obama weiter unter Druck setzen. | |
27 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
## TAGS | |
Benjamin Netanjahu | |
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