# taz.de -- Gipfel-Beschluss für neuen Fiskalpakt: Merkels „Meilenstein“ | |
> Der EU-Gipfel beschließt den neuen Fiskalpakt, obwohl viele Länder die | |
> strikten Sparziele nicht einhalten können. Doch Ausnahmeregelungen soll | |
> es nicht geben. | |
Bild: Wieder ein Satz den man irgendwann schon mal von der Kanzlerin gehört ha… | |
BRÜSSEL taz | Zwei Jahre nach Beginn der Schuldenkrise in Griechenland | |
schwenkt die EU auf strikten Sparkurs. Gestern unterzeichneten 25 der 27 | |
EU-Staaten in Brüssel den neuen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin. Die | |
Eurozone sei damit auf dem Weg zu einer „Stabilitätsunion“, sagte | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Zugleich lobte sie die Europäische | |
Zentralbank, die den Banken am Mittwoch mehr als 500 Milliarden Euro zu | |
Vorzugskonditionen geliehen hatte, um eine Kreditklemme zu verhindern. | |
Die unter Ökonomen umstrittene Milliardenspritze habe geholfen, die Lage an | |
den Finanzmärkten zu entspannen, sagte Merkel. Sie verschaffe den | |
Krisenländern zwei oder drei Jahre Zeit, sich zu reformieren. Die müssten | |
sie nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und die neuen | |
Sparbeschlüsse umzusetzen. | |
„Wir haben Fortschritte erzielt, aber für eine Entwarnung wäre es noch zu | |
früh“, sagte die Kanzlerin. Damit übte Merkel erneut Druck auf Krisenländer | |
wie Griechenland, Portugal oder Irland aus, die von der Eurozone mit | |
Hilfskrediten gestützt werden. | |
Gleichzeitig schob sie Beschlüsse, die die Südländer von Deutschland | |
erwarten, auf die lange Bank. Die insgesamt 130 Milliarden Euro aus dem | |
neuen Hilfsplan für Griechenland sollen erst nach einer erfolgreichen | |
Umschuldung mit den Banken freigegeben werden, wahrscheinlich am 9. März. | |
## Entscheidung erst Ende März | |
Und über die endgültige Größe des neuen Eurorettungsschirms ESM will Merkel | |
erst Ende März entscheiden, vermutlich auf einem Euro-Sondergipfel. Der | |
einzig konkrete Beschluss des Frühjahrsgipfels galt denn auch dem | |
Fiskalpakt – und der Führung der Eurozone. Künftig soll EU-Ratspräsident | |
Herman Van Rompuy die Eurogipfel leiten. | |
Der bisherige Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker kündigte dagegen seinen | |
Rückzug an. Ende Juni sei Schluss, er habe für die aufreibende Arbeit | |
einfach keine Zeit mehr. Juncker hatte wiederholt die schulmeisterliche | |
Haltung Merkels kritisiert – in Brüssel glauben viele, dass der Luxemburger | |
einfach keine Lust mehr hat. | |
Eigene Wege gehen künftig auch Großbritannien und Tschechien: Sie haben den | |
Fiskalpakt nicht unterschrieben. Doch selbst bei den Unterzeichnern gibt es | |
Unmut. Denn schon jetzt ist klar, dass viele Länder die strikten Vorgaben | |
des Pakts, der Anfang 2013 in Kraft treten soll, nicht einhalten können. | |
Spanien und die Niederlande verstoßen sogar gegen die derzeit gültigen, | |
milderen Vorgaben. Besonders dramatisch ist die Lage in Madrid, wo das | |
Budgetdefizit mit 5,8 Prozent deutlich über dem Ziel von 4,4 Prozent liegt. | |
Doch eine Lockerung wird es nicht geben. Finnland, Schweden und Deutschland | |
sprachen sich gegen Ausnahmen aus. | |
## Rezession in Spanien | |
Ein „Meilenstein in der Geschichte der EU“, sei der Fiskalpakt, sagte | |
Merkel. Er müsse nun auch umgesetzt werden. Allerdings dürften die dafür | |
nötigen Kürzungen die Rezession in Spanien weiter verschärfen. Die | |
Regierung in Madrid rechnet damit, dass die Wirtschaft in diesem Jahr um | |
1,7 Prozent schrumpft und die Arbeitslosigkeit auf 24,3 Prozent steigt. | |
Um die Rezession in Südeuropa zu überwinden, hatten 12 EU-Länder vor dem | |
Gipfel eine neue Wachstumsstrategie gefordert. Die Initiative verlief | |
jedoch im Sande. Außerdem sollen alle 27 EU-Staaten nationale Reformpläne | |
vorlegen. Darüber will man dann beim nächsten Gipfel sprechen – im Juni. | |
2 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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