# taz.de -- Verhandlungen zum Fiskalpakt: SPD und Grüne protzen ein bisschen | |
> Im Tausch für ihre Zustimmung zum Fiskalpakt wollen SPD und Grüne die | |
> Finanztransaktionssteuer bekommen. Ihre Chancen stehen schlecht. | |
Bild: Wenn man einmal anfängt, an etwas herumzubauen, kann man doch gleich noc… | |
BERLIN taz | Eine souveräne Attacke hört sich anders an. Nein, sagt Volker | |
Beck, wenn man Verhandlungen beginne, seien rote Linien fehl am Platze. | |
„Damit macht man sich nur das Leben schwer.“ Nein, eine Probeabstimmung | |
habe man selbstverständlich noch nicht gemacht. Aber es gebe bei den | |
Abgeordneten doch sehr unterschiedliche Einschätzungen zum von der | |
Koalition vorgelegten Fiskalpakt. Wenigstens das. | |
Beck, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, gilt im Bundestag als gewiefter | |
Verhandler. Dennoch fiel es ihm am Mittwoch sichtlich schwer, zu erklären, | |
wie Grüne und SPD Kanzlerin Angela Merkel dazu zwingen wollen, die FDP zu | |
düpieren. Denn beide Oppositionsparteien möchten zwar die | |
Finanztransaktionssteuer im Euroraum im Tausch für ihre Zustimmung zum | |
Fiskalpakt im Parlament. Doch vor der einzig wirksamen Drohung – dem Nein | |
zum Fiskalpakt – scheuen sie zurück. Stattdessen belassen sie es bei | |
wolkigen Forderungen. | |
Das Kabinett hat am Mittwoch das Vertragswerk beschlossen, das alle | |
EU-Staaten zum Sparen zwingen soll. Der Fiskalpakt sieht etwa | |
Schuldenbremsen vor, die in den Landesverfassungen verankert werden sollen. | |
Zudem beinhaltet er ein Defizitverfahren, das automatisch Staaten | |
sanktioniert, die zu viele Schulden machen. In der Kabinettssitzung hob | |
Merkel lobend hervor, wie sehr die Schuldenbremsen dem deutschen Vorbild | |
gleichen. | |
Damit hat sie recht. Und dies ist gleichzeitig das Problem von SPD und | |
Grünen. Denn beide befürworten die Schuldenbremse und Sparvorgaben für | |
Europa im Grunde – wollen aber im jetzt beginnenden parlamentarischen | |
Verfahren möglichst viel für ihr Ja herausschlagen. Denn sie sehen die | |
Arithmetik auf ihrer Seite: Am Freitag hatte die Regierung den Fraktionen | |
mitgeteilt, dass für die Verabschiedung laut Grundgesetz eine | |
Zweidrittelmehrheit nötig sei. Ohne die Opposition geht es also nicht. | |
Um die Finanztransaktionssteuer gegen die widerwillige FDP durchzudrücken, | |
wagen SPD und Grüne jetzt eine strategische Gratwanderung. Sie sträuben | |
sich gegen ein Sparprojekt, das sie eigentlich gut finden. | |
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann erklärte, man werde „hart | |
verhandeln“. Und strebe eine „möglichst hohe Konkretisierung“ der | |
Finanztransaktionssteuer in dem Paket an. Eine Konkretisierung ist das | |
jedenfalls nicht. Auch Oppermann hütete sich davor, die | |
Finanztransaktionssteuer zur ultimativen Bedingung zu machen. | |
Oppermann und Beck ist die Fallhöhe bewusst. Bisher hatten SPD und Grüne | |
bei Euroentscheidungen immer mit der Koalition gestimmt, obwohl es auf ihre | |
Stimmen nicht ankam. Das ist jetzt anders. Wenn sie sich für ein Nein zum | |
Fiskalpakt entscheiden, kippt Deutschland das Werk, das die Kanzlerin | |
selbst maßgeblich gefordert hatte. | |
Sicher ist: Die FDP, die die Finanztransaktionssteuer mit aller Macht | |
verhindern will, hat die Schwäche ihrer Kontrahenten bereits erkannt. | |
Jetzt, sagte ihr Fraktionschef Rainer Brüderle genüsslich, sei die | |
Opposition in der Verantwortung. | |
7 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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