Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- „taz“ auf der Leipziger Buchmesse 2012: Pop im Terror
> Ein Redakteur für innere Sicherheit lebt mit der Lücke. Einige werden
> daran verrückt. Nicht Wolf Schmidt. In „Jung. Deutsch. Taliban“
> untersucht er islamistische Jugendkultur.
Bild: Was fasziniert Jugendliche am Islamismus? Wolf Schmidt hat es rausgefunde…
Vielleicht hat alles mit diesem Besuch angefangen. Es war im Sommer 2009,
Wolf Schmidt und ich saßen in der Al-Nur-Moschee, im Berliner Bezirk
Neukölln. Laut den Berichten vieler KollegInnen war dieser schmucklose Bau
hier eines der Zentren des Salafismus in Deutschland, einer radikalen
Spielart des Islam. Vielleicht gar eine Stätte an der die künftige
Terroristengeneration heranwuchs. Zu uns war man freundlich, teilte das
Essen mit uns, versuchte uns auf nette und ein wenig hilflose Art zu
missionieren.
Ein ehemaliger Kampfsportler brachte uns den Islam als „Update des
Christentums“ nahe, sein Freund, ein früherer Kleinkrimineller pries seine
Errettung aus seinem früheren Leben. Was der Prediger zu sagen hatte,
erinnerte mich bis in den exakten Wortlaut an meine eigene Vergangenheit in
einer christlichen Gemeinschaft, die man hierzulande wohl als Sekte
bezeichnen würde. Worte, welche die moderne Welt mit einfachen Formeln
erklären sollten.
Reaktionär ja, verschroben, missionarisch auch, aber nichts, was sich nicht
auch bei konservativen Christen finden ließe. Oder bei einer
spätabendlichen Diskussion linker Globalisierungskritiker. Denn dieser
Typus begegnete uns auch dort: Männer, die vom Imperialismus der USA
sprachen, den Unbill der Globalisierung, der Notwendigkeit eines anderen
Wirtschaftssystems. Diese Männer hätten wir vor dieser Begegnung eher bei
Attac oder der Linkspartei verortet, sie waren uns auch dort schon begegnet
– jedenfalls ihre Pendants.
## Verpassen ist Normalzustand
Wir gingen mit vielen Fragen nach Hause. Und Wolf Schmidt – damals noch
Reporter der taz - mit einer Geschichte über einen gebürtigen Berliner, der
zum Islam konvertiert war. Redakteur für Innere Sicherheit bei der taz zu
sein, heißt mit der Lücke zu leben. Drei große Gebiete verlangen vor vielen
kleineren Aufmerksamkeit – Extremismus, Terrorismus und Datenschutz. Es ist
ein Job, in dem einem ständig etwas entgehen muss, das Verpassen ist der
Normalzustand. Damit kann man verrückt werden.
Oder sich auf eines dieser Felder konzentrieren. Wolf Schmidt hat genau das
getan und sich mit dem beschäftigt, was hierzulande meist unter dem Label
islamistischer Terrorismus firmiert. Mehr noch. In vielen Texten für die
taz hat er versucht und es oft genug auch geschafft, hinter das Bild zu
blicken, was Sicherheitsbehörden und auch die islamistischen Terror-Fans
von sich selbst zu erzeugen suchen. Dabei ist er nicht nur wie andere
darauf gestoßen, dass es inzwischen in Deutschland aufgewachsene junge
Menschen gibt, die sich für den Kampf gegen „den Westen“ mobilisieren
lassen.
Sondern auch darauf, dass es um den Gedanken des „Heiligen Krieges“ einer
imaginierten islamischen Gemeinschaft gegen ihre Feinde eine Jugendkultur
gibt. Mit Liedern, Webseiten, Popstars. Er hat versucht zu ergründen, was
die Faszination dieser Jugendkultur ausmacht, zumindest einen Zipfel dieses
Phänomens zu erhaschen, zu verstehen. Dabei kommt ihm und auch den Lesern
zu Gute, dass ihn das Beschreiben und Ergründen mehr interessiert als das
Meinen.
Wolf Schmidt versucht Antworten zu geben auf die Fragen, die sich nicht nur
wir beide nach dem Moscheebesuch damals stellten. Und deshalb wird das Buch
aus meiner Sicht spannend. Aber ich glaube, nicht nur aus meiner. Ich freue
mich darauf.
[1][Donnerstag, 15.3. im taz-Studio (Halle 5 / E 410 a): Der Autor und
taz-Journalist Wolf Schmidt im Gespräch mit Daniel Schulz (taz).]
13 Mar 2012
## LINKS
[1] /programm/2012/buchmesse_leipzig/events/250.de.html
## AUTOREN
Daniel Schulz
Daniel Schulz
## TAGS
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neue Bücher zur Buchmesse: Vergeude deinen Geist
Er verfügt über Superkräfte: Eine Autofahrt und eine Ortsbegehung mit Frank
Schulz, dem Autor des Schöne-Verlierer-Romans „Onno Viets und der Irre vom
Kiez“.
Neue Bücher zur Buchmesse: Am Ende steht das Recht
„Mit zweierlei Maß“: Der international tätige Berliner Anwalt Wolfgang
Kaleck schreibt über die Sisyphusarbeit für ein universell gültiges
Völkerstrafrecht.
Neue Bücher zur Buchmesse: Das Ende des Geheimnisses
Der Philosoph Byung-Chul Han nimmt die freiwillige Selbstauslieferung und
-ausbeutung der „Transparenzgesellschaft“ in den Blick.
Neue Bücher zur Buchmesse: Ava, wir sollten heiraten
Katrin Seddigs großartiges Buch "Eheroman" ist nüchtern und zugleich nah
dran an seiner Protagonistin. Sie will den Abnutzungen des Alltags
widerstehen.
Neue Bücher zur Buchmesse: Man wird beim Lesen selbst ganz leicht
Texte voller Widerhaken: Postum ist eine Sammlung mit Texten des
fabulierlustigen Reporters Marc Fischer erschienen: „Die Sache mit dem
Ich“.
Neue Bücher zur Buchmesse: Erlösung vom Angestelltendasein
Ein Roman voller Fotografien: Thomas von Steinaeckers Buch „Das Jahr, in
dem ich aufhörte, mir Sorgen zu machen, und anfing zu träumen“.
Dramaturg über Wolfgang Herrndorf: „Sand ist ein Buch-Buch“
Bekommt Wolfgang Herrndorf den Preis der Leipziger Buchmesse? Robert Koall,
Freund des krebskranken Autors, über dessen Bücher „Tschick“, „Sand“ …
die seltsame deutsche Kritik.
Neue Bücher zur Buchmesse: „Kentucky Schreit Ficken“
Leidenschaft unter Bildungsbürgern: Anna Katharina Hahns Roman „Am
Schwarzen Berg“ ist ein Meilenstein im literarischen Mainstream unserer
Tage.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.