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# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Bizarres vom Assad-Clan
> Tausende von geleakten Mails des syrischen Präsidentenpaares offenbaren
> die Absurdität eines Diktatorendaseins. Und den großen Einfluss Irans.
Bild: Bashar al-Assad und seine Frau im Jahr 2007.
BERLIN taz | Zum Jahrestag des Aufstandes gegen den Assad-Clan in Syrien
sind Kopien von E-Mails aufgetaucht, die das ebenso abgehobene wie bizarre
Leben des Diktatorenehepaars an der Spitze des syrischen Staates
bloßstellen. Nach eigenen Angaben hat die britische Zeitung Guardian mehr
als 3.000 private E-Mails aus dem Umkreis der Assad-Familie erhalten, die
sowohl banale als auch hochpolitische Vorgänge beleuchten sollen.
Diese E-Mails wurden laut Guardian allerdings nicht von Hackern geknackt,
sondern von einem „Verräter“ im inneren Zirkel der Macht an die
Öffentlichkeit weitergeleitet. Im Kern besagen die Schriftstücke, dass
Präsident Baschar al-Assad sich vom verbündeten Iran Rat einholte, wie der
Aufstand am besten zu bekämpfen sei. Zum anderen geht aus dem digitalen
Schriftverkehr hervor, dass sich Assads Ehefrau Asma einen ausschweifenden
Lebensstil leistete, während die Menschen in Syrien dem Hunger und allzu
oft auch dem Tod preisgegeben waren.
Am Vortag einer geplanten öffentlichen Rede im Dezember sollen iranische
Quellen dem syrischen Präsidenten geraten haben, eine „kraftvolle und
gewalttätige Sprache“ zu benutzen, um seine persönliche Entschlossenheit
unter Beweis zu stellen. Auch sollte Assad die „militärischen Fähigkeiten
des eigenen Regimes“ nach außen lancieren, um den Eindruck zu bestärken,
dass er in der Lage sei, den Aufstand auch militärisch zu bezwingen.
Laut den E-Mails soll auch der Berater der iranischen Botschaft Assad
aufgefordert haben, die „Sicherheit zu verschärfen“ und die staatliche
Kontrolle über bestimmte Regionen wiederzuerlangen. Demnach war Assad auch
von Beginn an über die Anwesenheit ausländischer Journalisten in Homs und
insbesondere im Stadtteil Baba Amr informiert. Im Februar waren zwei
Journalisten aus den USA und aus Frankreich bei Angriffen der syrischen
Armee ums Leben gekommen. Dieser Stadtteil wurde im März von den Truppen
Assads nach wochenlanger Belagerung eingenommen.
## Designerware übers Internet
Namentlich erwähnt der Guardian ferner den libanesischen Geschäftsmann
Hussein Mortada, der Assad im Auftrag des Irans den Rat gegeben haben soll,
einen doppelten Autobombenanschlag in Damaskus nicht länger al-Qaida
zuzuschreiben, weil dies „ein katastrophaler taktischer propagandistischer
Fehler“ sei. Diese Weisung sei sowohl von Iran wie auch von der Hisbollah
gekommen.
Assads Frau Asma soll sich laut den Mails Dutzende Designerwaren über das
Internet bestellt haben. Dazu zählten Kerzenhalter, Tische, Kronleuchter
und andere Luxuswaren. Selbst im britischen Edelkaufhaus Harrods soll die
First Lady aus Damaskus problemlos eingekauft haben, wie aus einer
Shopping-List hervorgeht. Geldsorgen hatte die Sippschaft dabei nicht.
10.000 britische Pfund für Kronleuchter, eine Blumenvase für 2.650 Pfund
und 3.800 Pfund für diamantbesetzte Damenschuhe gingen über den Counter.
Neben den Shopping-Eskapaden soll Asma al-Assad auch eine interessante
Korrespondenz mit der Tochter des Emirs von Katar aufrechterhalten haben.
Demnach soll die Tochter namens Majassa al-Thani dem Ehepaar Assad
nahegelegt haben, doch das Land zu verlassen und die Macht in Syrien
aufzugeben.
Angeblich schrieb sie am 11. Dezember 2011: „Die Gelegenheit für einen
wirklichen Wandel und für eine neue Entwicklung wurde vor langer Zeit
verpasst. Nichtsdestotrotz, wenn sich ein Fenster schließt, geht ein
anderes auf. Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät für neue Überlegungen und
das Aufgeben des Status der Negation.“ Leider wurde dieser Ratschlag
bislang von den Assads ignoriert.
Während seine Frau auf Shoppingtour war, suchte der präsidiale Ehemann nach
einem Lied für seine Angetraute. Auf iTunes soll er ein Lied des
US-Country-Sängers Blake Shelton gekauft haben. Und zwar genau einen Tag
nach einem der fürchterlichsten Bombardements der Stadt Homs, bei dem
Hunderte Zivilisten ihr Leben verloren. In dem Song heißt es: „Ich bin ein
wandelnder Herzschmerz / Ich habe es ganz schön verbockt / Der Mensch, der
ich jetzt bin / Ist nicht der, der ich sein will.“
15 Mar 2012
## AUTOREN
Georg Baltissen
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