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# taz.de -- Nachwahl in Birma: Suu Kyi sieht „Triumph des Volkes“
> Bei Nachwahlen erzielt die Opposition große Mehrheit der freien Sitze.
> Die Kollision mit den Hardlinern in Regierung und MIlitär dürfte
> vorprogrammiert sein.
Bild: Aung San Suu Kyi spricht zu ihren Unterstützern.
BANGKOK taz | Der Jubel hielt die Nacht über an: Vor der Parteizentrale der
oppositionellen Nationalen Liga für Demokratie (NLD) in Rangun drängten
sich auch am Montag Tausende Anhänger, um den Sieg bei den Nachwahlen zum
Parlament zu feiern. „Wir haben ihnen gezeigt, wen wir wirklich wollen“,
sagte eine Frau in Anspielung auf die Militärs, die das Land jahrzehntelang
regiert haben. Ihre Uniformen zogen die Generäle erst im vergangenen
Frühjahr aus, um der Außenwelt eine „zivile Regierung“ zu präsentieren.
Jetzt hofften die hier Versammelten auf einen politischen Neubeginn. Ihr
Idol Aung San Suu Kyi, so erklärte die NLD schon zuvor, habe ihren
Wahlkreis südlich von Rangun deutlich gewonnen und werde ins Parlament
einziehen.
40 der insgesamt 45 zur Wahl gestandenen Mandate sind an die NLD gegangen,
bestätigte Birmas Wahlkommission am Montagabend offiziell. Zuvor hatte die
Oppositionspartei erklärt, sie habe 44 Sitze errungen – trotz Behinderungen
und Manipulationsversuchen schon im Wahlkampf.
Am Sonntag stellte sich heraus, dass die Stimmzettel in einigen Fällen
präpariert worden waren: Neben den Namen von NLD-Kandidaten war eine dünne
Wachsschicht aufgetragen, damit die Kreuze der Wähler leicht wieder
abgewischt werden konnten. Noch am Wahlmorgen sollen überdies Mitglieder
der regierenden, von der früheren Junta gestützten Union Solidarity and
Development Party (USDP) von Tür zu Tür gegangen sein, um die Bewohner zu
überreden, der USDP ihre Stimmen zu geben.
Doch die WählerInnen ließen sich nicht beirren: „Dies ist ein Triumph des
Volkes!“, sagte Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi. Gleichzeitig rief sie
ihre Anhänger auf, würdevoll mit ihrem Erfolg umzugehen: „Wir dürfen keine
Bemerkungen machen oder Verhaltensweisen zeigen, die Mitglieder anderer
Parteien oder Individuen vor den Kopf stoßen.“
Die Nachwahlen galten als Test dafür, wie sehr sich Birma unter Exgeneral
und Präsident Thein Sein dem Reformkurs verpflichtet fühlt. Eine faire
Organisation des Votums dürfte auch Voraussetzung dafür sein, dass die EU
und USA ihre Sanktionen gegenüber dem verarmten, aber rohstoffreichen Land
weiter lockern oder gar aufheben.
Die 66-jährige Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die ihren
Wahlkampf mehrfach wegen Erschöpfung unterbrechen musste, gab sich indes
vorsichtig. Ihr politischer Spielraum ist begrenzt, denn der klare Erfolg
der Opposition wird zunächst nicht an den Machtverhältnissen im Parlament
rütteln: Bei den Wahlen vom November 2010, an denen die NLD nicht teilnahm,
gingen etwa 80 Prozent der gewählten Mandate an die dem Militär
nahestehende USDP.
Darüber hinaus war schon im Vorfeld ein Viertel aller Sitze für Angehörige
der Armee reserviert worden. Oppositionelle innerhalb und außerhalb Birmas
betonen, dass Suu Kyi sich als Erstes um Änderungen der umstrittenen
Verfassung bemühen werde – vorausgesetzt, sie erhalte genug Unterstützung
der Bevölkerung bzw. der ethnischen Minderheiten.
In diesem Fall aber dürfte die Kollision mit den Hardlinern in Regierung
und Militär vorprogrammiert sein. Denn es gibt Passagen in Birmas
Grundgesetz, die die Armeeführung dazu ermächtigen, in einer Staatskrise
das politische Ruder an sich zu reißen. Auch wird der früheren Junta
Straflosigkeit für deren Menschenrechtsverletzungen garantiert. Die Rechte
der zahlreichen ethnischen Minderheiten hingegen werden beschnitten. Birmas
Armeechef General Min Aung Hlaing bekräftigte nur wenige Tage vor der Wahl,
er werde die Verfassung schützen, die dem Militär eine politische
Führungsrolle zugestehe.
Hunderte politische Gefangene sind noch in Haft. In mehreren von ethnischen
Minderheiten bewohnten Regionen zeichnet sich derzeit keine friedliche
Lösung der dortigen Konflikte ab. Aung San Suu Kyi weiß, dass sie die
Streitkräfte, darunter auch die Hardliner, für eine weitere demokratische
Öffnung braucht: „Die Zukunft des Landes ist auch deren Zukunft, und die
Reformen des Landes betreffen sie genauso“, sagte sie erst vor wenigen
Tagen.
2 Apr 2012
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