# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Abzug nur mit Worten | |
> Laut Assad hat die syrische Armee mit dem Rückzug begonnen. | |
> Oppositionelle bestreiten dies und berichten von Kämpfen. Der | |
> UN-Sicherheitsrat mahnt erneut zum Waffenstillstand. | |
Bild: Auch in Damaskus sind Häuser von Panzerangriffen zerstört. | |
DAMASKUS/ISTANBUL dpa | Das Regime von Präsident Baschar al-Assad hat nach | |
eigenen Angaben damit begonnen, bereits vor der angekündigten Waffenruhe | |
Truppen aus den Städten abzuziehen. Sowohl die Protestbewegung als auch | |
Vertreter der Deserteure bestritten am Freitag diese Darstellung. Sie | |
berichteten sogar von Offensiven der Armee sowie vom Terror der Milizen in | |
mehreren Provinzen. Eine Folge der fortwährenden Gewalt sei der wachsende | |
Flüchtlingsstrom in Richtung Türkei. | |
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat das Regime in Damaskus zu | |
einer konsequenten Waffenruhe von Dienstag an gemahnt. Die syrische | |
Regierung müsse „dringend und sichtbar ihre Verpflichtung“ umsetzen, heißt | |
es in einer sogenannten Präsidentiellen Erklärung, die am Donnerstag | |
einstimmig angenommen wurde. | |
Ahmed Fawzi, der Sprecher des Syrien-Sondergesandten Kofi Annan, sagte am | |
Donnerstag in Genf, die syrische Regierung habe Annan mitgeteilt, Soldaten | |
seien aus Deraa, Idlib und der lange umkämpften Ortschaft Al-Sabadani | |
abgezogen worden. Fawzi erklärte, die UN-Mitgliedstaaten seien nun | |
aufgerufen, Beobachtertruppen zur Überwachung der angestrebten Waffenruhe | |
in Syrien ab dem 10. April bereitzustellen. | |
„Die Uhr beginnt für beide Seiten am 10. April zu ticken, dann muss jede | |
Form der Gewalt beendet werden“, fügte er hinzu. Für die Beobachtermission | |
ist ein Mandat des UN-Sicherheitsrates erforderlich. | |
Fawzi teilte weiter mit, dass Annan am 11. April nach Teheran reisen werde, | |
um mit der Regierung des Iran über den Syrien-Konflikt zu sprechen. Der | |
Iran ist in der Region der engste Verbündete des Assad-Regimes. Ein | |
Assistent des Kommandeurs der Freien Syrischen Armee, Oberst Riad al-Asaad, | |
sagte am Telefon: „Es gibt keinen Rückzug. Im Gegenteil, die Zahl der | |
Truppen hat zugenommen und auch der Radius, in dem sie operieren. In den | |
Dörfern außerhalb von Aleppo hat die Armee heute sogar Kampfhubschrauber | |
eingesetzt.“ | |
Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter meldete heftige | |
Gefechte zwischen den Truppen von Präsident Baschar al-Assad und den | |
Deserteuren im nördlichen Umland von Aleppo. Drei Soldaten seien dort | |
getötet worden. In zwei Ortschaften seien die angreifenden Soldaten über | |
die Lautsprecher der Moscheen zur Fahnenflucht aufgerufen worden. In der | |
Ortschaft Anadan nordwestlich von Aleppo seien rund 100 Soldaten | |
desertiert. Sie hätten anschließend den Weg für Flüchtlinge, die aus dem | |
Ort fliehen wollten, freigekämpft. | |
Aktivisten in Duma im Umland von Damaskus berichteten, die Armee habe die | |
Stadt am Morgen mit Panzern angegriffen. „Die Zivilisten sind in Panik, | |
Kinder weinen, überall hört man Schreie“, hieß es. Am Vortag sollen | |
landesweit 92 Menschen von den Regierungstruppen getötet worden sein. Am | |
Donnerstag zählte Regimegegner 31 Tote. Wegen der Medienblockade durch die | |
Regierung sind derartige Angaben oft nicht von unabhängiger Seite zu | |
überprüfen. | |
Nach offiziellen Angaben aus Damaskus traf am Mittwochabend ein von Annan | |
beauftragtes „technisches Team“ in Syrien ein. Aufgabe der Experten ist es | |
unter anderem, die Details der geplanten Überwachung der Waffenruhe zu | |
klären. Der Sprecher des Außenministeriums, Dschihad al-Makdisi, sagte: | |
„Die Armee ist derzeit an einigen kritischen Orten präsent, um die Bürger | |
vor der Gewalt zu schützen.“ | |
Unterdessen stieg die Zahl der in die Türkei geflüchteten Syrer auf fast | |
21.000 Menschen. Binnen 24 Stunden seien rund 1000 weitere Syrer vor der | |
Gewalt in ihrem Heimatland über die Grenze geflüchtet, sagte ein Sprecher | |
des türkischen Außenministeriums. | |
5 Apr 2012 | |
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